Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen ausreichender Substanz bei der Darlegung eines Haushaltsführungsschadens.

Der Geschädigte muss im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 843; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 15.03.2006; Aktenzeichen 7 O 153/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Verden vom 15.3.2006 teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 3.8.1997 auf der L 156/Ueser Brücke sämtliche künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, sofern die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige übergangsberechtigte Dritte übergegangen sind.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren noch nicht hinreichend sicheren immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 3.8.1997 auf der L 156/Ueser Brücke zu ersetzen.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin Schadensersatz wegen Beeinträchtigung der Haushaltsführung sowohl für die Zeit vom 3.8.1997 bis zum 10.12.1997 als auch für die Zeit vom 1.8.1999 bis zum 31.3.2004 begehrt.

Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den Klageanspruch "Erwerbsschaden für zwölf Monate" an das LG zurückverwiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt - auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens - dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 32.822,41 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin aus einem Verkehrsunfall vom 3.8.1997 auf der L 156 hinter der Ueser Brücke. Die Klägerin war damals Beifahrerin auf dem von ihrem (späteren) Ehemann geführten Krad, als dieses von einem - von dem Beklagten zu 2) gesteuerten und bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten - Pkw angefahren wurde. Die Klägerin wurde dabei erheblich verletzt. Unter anderem erlitt sie ein Polytrauma, eine Lendenwirbel- und Wadenbeinfraktur sowie eine Stauchung/Distorsion der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Zwei Monate lang musste sie Tag und Nacht ein Stützkorsett tragen.

Zum Unfallzeitpunkt befand sich die Klägerin in der Berufsausbildung bei der Fachschule für Sozialpädagogik mit dem Berufsziel Erzieherin. Sie lebte noch im Haushalt ihrer Eltern. Im Juli 1997 - also kurz vor dem Verkehrsunfall - hatte sie den ersten Ausbildungsabschnitt mit Erfolg beendet ("Staatlich geprüfte Sozialassistentin"). Ende August 1997 begann das erste Schuljahr des zweiten Ausbildungsabschnitts (insgesamt das dritte Schuljahr der Ausbildung). An diesem konnte die Klägerin unfallbedingt erst ab Anfang Oktober 1997 teilnehmen. Dieses Schuljahr schloss die Klägerin nicht mit Erfolg ab; sie wurde in das nächste - letzte - Schuljahr nicht versetzt. Nach den auf das Jahrgangszeugnis folgenden Sommerferien 1998 brach die Klägerin die weitere Ausbildung ab. Sie war schwanger und heiratete im Dezember 1998. Im April 1999 wurde ihr erstes Kind geboren (vgl. Bl. 44 f. d.A.).

Die Einstandspflicht der Beklagten zu 100 % ist zwischen den Parteien unstreitig.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (Bl. 195 f. d.A.).

Die Klägerin behauptet, unfallbedingt die Versetzung nicht geschafft zu haben. Wäre sie versetzt worden, hätte sie ihre Ausbildung auch erfolgreich zu Ende geführt. Daraus folgend sei ihr ein Erwerbsschaden für zwölf Monate i.H.v. insgesamt 9.203,25 EUR entstanden. Sie meint darüber hinaus, ihr stünde ein Schadensersatzanspruch wegen Beeinträchtigung der Haushaltsführung für die Zeit vom 3.8. bis zum 10.12.1997 zu; in dieser Zeit wohnte sie noch bei ihren Eltern. Die Klägerin behauptet, täglich zwei Stunden im Haushalt mitgearbeitet zu haben. Sie macht deshalb einen Schaden von weiteren 1.530 EUR geltend. Darüber hinaus behauptet sie, sie habe wegen einer verbliebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % für die Zeit vom 1.8.1999 bis zum 31.3.2004 ihren eigenen Haushalt nicht angemessen führen können. Deshalb begehrt sie unter Abzug einer Zahlung der Beklagten zu 1) i.H.v. 5.790,34 EUR insgesamt Schadensersatz i.H.v. 20.322,41 EUR (vgl. Bl. 9 d.A.). Außerdem macht sie einen materiellen und immateriellen Vorbehalt in Bezug auf künftige Schadensersatzansprüche geltend.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil es insb. eine Kausalität zwischen dem Verkehrsunfall und dem Abbruch der Ausbildung als nicht nachgewiesen angesehen hat. Die Schwangerschaft stelle eine Ersatzkausalität...

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