Leitsatz (amtlich)

Eine Werbung mit der eine Autoglas-Reparaturwerksatt einen Bonus bis zu 150 EUR für jeden verspricht, der seine Windschutzscheibe in der Werkstatt erneuern lässt und dann ein Jahr lang einen kleinen Werbeaufkleber (4 cm) auf seinem Auto belässt ist wettbewerbswidrig, weil mit dem "Werbebonus" verschleiert werden soll, dass der Kunde in Wirklichkeit einen Nachlass erhält, den er nach den AKB an den Kasko-Versicherer weitergeben müsste.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nrn. 1, 11

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 04.04.2005; Aktenzeichen 10 O 161/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des LG Verden vom 4.4.2005 geändert. Die einstweilige Verfügung des LG Verden vom 23.12.2004 - 10 O 161/04 - wird bestätigt.

Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger ist die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs e.V.. Der Verfügungsbeklagte betreibt eine Werkstatt für die Reparatur, den Austausch und den Verkauf von Autoglas. Er warb im Internet und in Zeitungsanzeigen wie folgt:

"Unser Bonus für Sie ...

Bis zu 150 EUR für jeden ..., der bei uns seine geklebte Windschutzscheibe erneuern lässt und dann ein Jahr unseren kleinen Aufkleber (ca. 4 cm) auf seinem Auto belässt.

Auf Wunsch auch direkt Abrechnung mit den Versicherungen"

Die Verfügungsklägerin hat die Werbung als wettbewerbswidrig i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 1 und Nr. 11 UWG beanstandet. Der Verfügungsbeklagte verlange für den "Bonus" keine relevante Gegenleistung. Jeder Kunde verstehe die Werbung als Angebot einer zu Lasten des Kaskoversicherers um bis zu 150 % überhöhte Reparaturrechnung.

Das LG hat dem Verfügungsbeklagten auf Antrag des Verfügungsklägers im Beschlusswege bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel untersagt, zu Zwecken des Wettbewerbs ggü. Letztverbrauchern wie in der genannten Anzeige zu werben und/oder entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren. Auf den Widerspruch des Verfügungsbeklagten hat das LG die einstweilige Verfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Verfügungskläger den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung weiter.

II. Die Berufung ist begründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich aus der Nichterfüllung des Unterlassungsanspruchs des Verfügungsklägers. Entgegen der vom LG vertretenen Meinung lässt sich ein Rechtsschutzbedürfnis des Verfügungsklägers nicht mit der Begründung verneinen, der Verfügungskläger habe dem Verfügungsbeklagten bereits im Jahr 1998 gestattet, mit solchen Werbeverträgen Reklame zu machen und danach zu handeln. Abgesehen davon, dass eine "Gestattung" nicht zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern zur Unbegründetheit des Unterlassungsanspruchs führen würde, hat das LG den Parteivortrag nicht zutreffend erfasst. Der Verfügungskläger teilte dem Verfügungsbeklagten mit Scheiben vom 1.12.1998 anlässlich einer vorangegangenen Abmahnung mit, dass "das Führen des Aufklebers" unter den Bedingungen, wie sie in dem damals übermittelten Werbevertrag geregelt seien, nicht beanstandet werde. Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Verfügungskläger weder gegen den Werbevertrag mit den Kunden noch gegen das Führen des Aufklebers. Er will vielmehr erreichen, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird, wie beanstandet zu werben und entsprechend der Ankündigung in der Werbung zu verfahren, also bei der Erneuerung von Windschutzscheiben Rechnungen auszustellen, die den angekündigten Preisnachlass nicht berücksichtigen und so den Versicherer zu überhöhten Zahlungen zu veranlassen.

2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht dem Verfügungskläger aus § 8 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu.

a) Mit der beanstandeten Anzeige bewirbt der Verfügungsbeklagte Autoglasreparaturen mit einem "Werbebonus", der bezwecken soll, ggü. dem Kfz-Versicherer zu verschleiern, dass der Kunde tatsächlich einen Nachlass auf die Reparatur erhalten hat, den er nach den AKB an den Versicherer weitergeben müsste. Darin liegt eine Aufforderung zu einer gemeinsam begangenen Täuschung der Versicherung, um dem Kunden eine in dieser Höhe nicht zustehende Versicherungsleistung zu verschaffen (OLG Celle, Beschl. v. 24.3.1999 - 13 U 157/98). In Kfz-Versicherungsverträge sind regelmäßig die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kraftfahrzeug-Versicherung (AKB) einbezogen. Nach § 13 Abs. 9 AKB hat der Versicherer in der Teil- und Vollkaskoversicherung den Schaden abzgl. der jeweils vereinbarten Selbstbeteiligung zu ersetzen. Soweit es sich bei dem Schaden um die Reparaturkosten handelt, hat der Versicherer diese nur abzgl. eines dem Kunden eingeräumten Rabatts zu ersetzen.

Der versprochene "Bonus" von bis zu 150 EUR soll, so wie die Werbung zu verstehen ist und die Verfügungsbeklagte es auch praktiziert, dazu dienen, dem Kunden zu Lasten des Versicherers die Selbstbeteiligung zu erspa...

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