Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Teilungsabkommens; Haftungsrechtliche Abgrenzung eines Zweitunfalls vom Erstunfall
Leitsatz (amtlich)
Verletzt sich ein Monteur bei den Bergungsarbeiten eines bei einem Unfall beschädigen Laternenmastes, nachdem die unfallbeteiligten Pkw bereits von der Unfallstelle entfernt waren, resultiert der dabei entstandene (Personen-) Schaden nicht aus einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung eines der unfallbeteiligten Pkw, die sich im Bergungsvorgang "aktivierte", realisierte, fortwirkte oder nur mitursächlich war. Er unterfällt auch nicht dem Gebrauch eines Pkw.
Der Schaden kann daher nicht dem Haftpflichtversicherer eines der an dem vorangehenden Unfall beteiligten Pkw zugewiesen werden.
Zur Auslegung eines Teilungsabkommens.
Normenkette
StVG § 7
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 16 O 175/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. März 2020 - 16 O 175/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 35.080,97 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten um eine Forderung aus einem zwischen ihnen geschlossenen Teilungsabkommen vom 8. Januar 1985. Die Klägerin ist eine Berufsgenossenschaft, die Beklagte ein Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer.
Der für den Rechtsstreit maßgebliche und streitbefangene Abschnitt dieser Vereinbarung enthält in seinem § 1 folgende Regelung (Anlage K 7, Bl. 31 d.A.):
(1) Werden von der BG [Klägerin] aufgrund der Vorschrift des § 116 ff. SGB X Schadenersatzansprüche gegen eine natürliche oder juristische Person erhoben, die gegen die gesetzliche Haftpflicht aus dem der Regreßforderung zugrunde liegenden Schadenereignis bei der ... [Beklagten] versichert ist, so verzichtet diese auf die Prüfung der Haftpflichtfrage und beteiligt sich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen an den Aufwendungen der BG auch in den Fällen, in denen der Schaden nachweislich durch das eigene Verschulden - jedoch Vorsatz ausgenommen - der Verletzten bzw. Getöteten entstanden ist. Die BG verzichtet auf weitergehende Forderungen auch dann, wenn der Schaden nachweisbar in vollem Umfang durch das Verschulden des Versicherten entstanden ist.
Für die Anwendung des Teilungsabkommens gelten die folgenden Voraussetzungen:
a) Im Bereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (KH) muß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schadenereignis und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Rechtsprechung des BGH bestehen.
(...)
Wegen des weiteren Inhalts des Teilungsabkommens wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage K 7, Bl. 31 f. d.A.) Bezug genommen.
Mit weiterer Vereinbarung vom 7. Februar 2001 (Anlage K 8, Bl. 35 d.A.) hat die Beklagte eine Haftungsquote von 55 % für den Kraftfahrthaftpflichtbereich bestätigt.
Dem Streit zugrunde liegt ein Verkehrsunfall vom 21. September 2014. Dabei kollidierten zunächst zwei Pkw, wobei im Zuge der Kollision ein Laternenmast beschädigt wurde. Die Fahrzeuge wurden abgeschleppt. Zur Unfallstelle wurde auch der "Serviceteammonteur" C. P. gerufen, dessen anschließendes Handeln den vorliegenden Rechtsstreit ausgelöst hat. Die ursprünglich unfallbeteiligten Pkw waren währenddessen nicht mehr vor Ort. Der Serviceteammonteur P. sollte den bei dem Unfall beschädigten Laternenmast vom Netz nehmen. Hierbei half die Feuerwehr E., die den Mast an einem Kran befestigte und abtrennte. Der Monteur wollte den Mast beim Fortheben (durch den Kran) mittels seiner Hände führen und stützen, damit er nicht umherschwenkt und gegebenenfalls Dritte gefährden könnte. Bei diesem Manöver sackte jedoch der Mast plötzlich 30 - 40 cm nach unten und riss die Hand des Monteurs mit, der sich dadurch erheblich verletzte (Ruptur der distalen Bizepssehne rechts). Infolgedessen wurde er teilweise erwerbsunfähig. Dies löste wiederum Rentenzahlungen aus. Die eigentlichen Unfallbeteiligten führten einen Prozess vor dem Amtsgericht W. Dabei wurde die Klage des einen unfallbeteiligten Pkw-Halters gegen den andern unfallbeteiligten Halter und die Beklagte dieses Rechtsstreits abgewiesen (vgl. die Kopie des Urteils des Amtsgerichts W. auf Bl. 74 f. d.A.).
Im Anschluss versuchte die Klägerin dieses Rechtsstreits Regressansprüche nach § 116 SGB X auf der Grundlage des erwähnten Teilungsabkommens gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Zur Zusammenstellung der Kosten wird auf die Anlagen K 10 bis 12 verwiesen. Die Beklagte zahlte darauf nicht.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Teilungsabkommen se...