Entscheidungsstichwort (Thema)
Flugbeförderung: Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen über eine Anzahlung von 100 % des Flugpreises bei Buchung
Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Bezahlung des Flugpreises in voller Höhe bei Buchung durch den Kunden vorgibt, ist unwirksam, wenn zu diesem Zeitpunkt die von dem Klauselverwender bei Vertragsschluss zu leistenden Aufwendungen unter Berücksichtigung ihrer Gewinnmarge nicht der geforderten Anzahlungsquote entspricht.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 309 Nr. 2a, §§ 320, 641 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 21.01.2014; Aktenzeichen 18 O 148/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.1.2014 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 20.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Verbraucherzentrale N. e.V., begehrt von der Beklagten, die u.a. über die Internetseite www.t.de Flugbeförderungsdienstleistungen anbietet, Unterlassung und Aufwendungsersatz. Die Beklagte verwendet "Allgemeine Geschäfts- und Beförderungsbedingungen", die in Ziff. 5.3 "Bezahlung" folgende Regelung enthalten:
"Mit Zustandekommen des Vertrages werden sämtliche Zahlungen sofort fällig."
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das LG hat der auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben und die Beklagte ferner zur Zahlung der geltend gemachten Abmahnkostenpauschale von 250 EUR verurteilt. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Beklagten verwandte Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Die Vertragspartner der Beklagten werden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 320 BGB, der Leitbildfunktion zukomme, nicht zu vereinbaren. Bei der umfassenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigten, dass die Fluggäste neben der Übernahme des Insolvenzrisikos der Beklagten auch das Risiko tragen, dass die Beklagte oder die Fluggesellschaft, die den Flug ausführt, nicht fähig oder nicht bereit sind, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Eine ausreichende Sicherung der Fluggäste sei nicht in dem Umstand zu sehen, dass mit der Buchung die Beförderungsleistung durch den ausführenden Luftfrachtführer bestätigt wird. Weiterhin sei der Liquiditätsverlust der Reisenden zu beachten, die den Flugpreis bereits bis zu 11 Monaten vor Flugbeginn zu zahlen haben. Zu Gunsten der Beklagten sei zu berücksichtigten, dass diese Vorleistungen erbringen müsse, um den Flug anbieten zu können und durch den Kontrahierungszwang nach § 21 Abs. 2 Satz 3 LuftVG ihrerseits dem Risiko der Leistungsunfähigkeit oder -unwilligkeit ihres Vertragspartners ausgesetzt sei.
Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die Abänderung des landgerichtlichen Urteils und verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagte rügt, dass das LG die Rechtsstellung der Beteiligten verkannt habe. Unternehmensgegenstand der Beklagten sei der Vertrieb und die Vermarktung touristischer Dienstleistungen, insbesondere von Flugdienstleistungen. Die Beklagte sei daher keine Fluggesellschaft, sie vermarkte Charter- und Linienflüge der konzernangehörigen Fluggesellschaft T. GmbH aber u.a. auch Flüge der L., C., G. sowie der A. Sie, die Beklagte, verfüge über kein einziges Flugzeug, so dass sie die Flugbeförderungsleistungen nicht selbst erbringen könne. Sie verkaufe daher das Recht auf die Erbringung der mit der Buchung bestätigten Beförderungsleistung durch den ausführenden Luftfrachtführer. Es gelte daher nicht Werkvertrags- sondern Kaufrecht. Damit sei der Kaufpreis sofort zur Zahlung fällig. Die beanstandete Klausel entspreche daher dem gesetzlichen Leitbild des § 271 BGB. Eine "Verbriefung" des Rechts sei darin zu sehen, dass dem Kunden eine "Buchungsnummer" mitgeteilt werde, mit dem diesem ein direktes Forderungsrecht auf Flugbeförderung gegenüber dem ausführenden Luftfrachtführer verschafft werde.
Wegen des nach § 21 Abs. 2 Satz 3 LuftVG bestehenden Kontrahierungszwangs könne die Beklagte einen vorzeitig geäußerten Beförderungswunsch des Kunden praktisch nicht ablehnen. Dieser könne hingegen frei entscheiden, ob er bereits 10 oder 11 Monate vor dem Abreisetag einen Flug buchen möchte. Die...