Leitsatz (amtlich)
Begehrt ein VN für einen versicherungsrechtlichen Streitfall Deckungsschutz seiner Rechtsschutzversicherung, in dem es bei behaupteter unzureichender Belehrung um die Wirksamkeit eines Widerspruchs gem. § 5a VVG a.F. geht, kann der Eintritt des Versicherungsfalles zwar grundsätzlich erst in der Weigerung des Versicherers gesehen werden, den Widerspruch hinzunehmen; im Einzelfall kann er jedoch auch bereits in der fehlerhaften Belehrung liegen, wenn der VN selbst gegenüber dem Rechtsschutzversicherer diese als den maßgeblichen Rechtsverstoß bezeichnet.
Normenkette
VVG a.F. § 5a
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 16.05.2012; Aktenzeichen 6 O 237/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 16.5.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG
Hannover wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Urteile sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 7.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht einen Anspruch auf Versicherungsschutz aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag geltend.
Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag, der seit 2010 auch privaten Rechtsschutz umfasst (Versicherungsschein Bl. 79 ff., Bedingungen - GKA RVB 2000.1 - Bl. 50 ff.).
Der Kläger unterhielt zwischen 1996 und 2007 eine Lebensversicherung bei der SV S. versicherung L. versicherung AG (Bl. 9). Er beabsichtigt die Geltendmachung weiterer Ansprüche und erklärte zu diesem Zweck mit Anwaltsschreiben vom 22.7.2011 den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. (Bl. 116). Die S. versicherung widersprach mit Schreiben vom 8.8.2011 (Bl. 15).
Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.9.2009 bat der Kläger um Deckungszusage (Bl. 16 ff.). Mitgeteilt worden ist dort, dass der Rechtsverstoß der S. versicherung in der fehlenden bzw. unvollständigen Aufklärung bei Abschluss des Vertrages liege.
Die Beklagte lehnte die Übernahme des Rechtsschutzes wegen Vorvertraglichkeit ab (Schreiben vom 5.10.2009, Bl. 19, außerdem vom 27.6.2011, Bl. 30).
In der Klagschrift vom 20.9.2011 hat der Kläger seinen Hinweis auf Fehler der S. versicherung bei Vertragsabschluss wiederholt; er sei nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht i.S.v. § 5a VVG a.F. belehrt worden. Für die Frage des Anspruchs auf Rechtsschutz sei auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Widerspruchsrechts abzustellen, so dass der Vorvertragseinwand der Beklagten nicht greife.
Dem hat die Beklagte widersprochen und u.a. auf den Inhalt der Deckungsanfrage vom 22.9.2009 verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Frage der Vorvertraglichkeit sei zu Lasten des Klägers zu entscheiden gewesen. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1c) ARB gelte der Versicherungsfall von dem Zeitpunkt an als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten begangen habe oder begangen haben solle.
Für die vorzunehmende Festlegung des Versicherungsfalls komme es auf den Tatsachenvortrag an, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründe. Vorliegend sei nicht die Ablehnung der Widerrufsberechtigung der Verstoß. Im Schreiben vom 22.9.2009 gegenüber der Beklagten habe der Kläger ausdrücklich den Rechtsverstoß in der fehlenden bzw. unvollständigen Aufklärung bei Abschluss des Vertrages gesehen. Zu dieser Zeit habe die S. versicherung den Widerruf mangels Ausübung noch nicht abgelehnt, so dass der mit der Deckungsanfrage vom 22.9.2009 gemeldete Rechtsschutzfall nur die fehlerhafte bzw. unvollständige Aufklärung habe betreffen können, wie es der Kläger in diesem Schreiben auch ausdrücklich selbst behauptet habe. Soweit der Kläger sich nun mit der Klagschrift auf die Ablehnung der S. versicherung berufe, handele es sich nicht um einen neuen Rechtsschutzfall, sondern um die Erweiterung des ursprünglichen. Dazu habe die Beklagte zu Recht darauf abgestellt, dass der Einwand der Vorvertraglichkeit gerade davor schützen solle, dass in Ansehung eines bereits existenten Versicherungsfalles eine Versicherung abgeschlossen werde. So verhalte es sich vorliegend.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlich gestellten Antrages.
Der Kläger wiederholt seine Auffassung, wonach Rechtsschutzfall die Zurückweisung des Widerspruchs durch die S. versicherung sei. Das Vorliegen eines Verstoßes i.S.v. § 4 Abs. 1c) RVB werde ausschließlich nach der objektiven Zuwiderhandlung gegen Rechtsvorschriften bestimmt, auf subjektive Elemente komme es nicht an. Bei der Beurteilung des Rechtsschutzfalls sei auf den vorgetragenen Sachverhalt abzustellen. Objektiv sei durch den Kläger bereits im Schreiben vom 22.9.2009 vorgetragen worden, dass beabsichtigt sei, einen Widerspruch zu erklären und als Folge dessen die nicht zurückerstatteten Versicherungsbeiträge zzgl. Nutzungen herauszuverlangen. Entscheidend sei der Tatsachenvortrag. Eine rechtliche Fehleinschätzung könne dem Kläger nicht angelastet werden, zumal er keinen Rechtsvortrag ...