Entscheidungsstichwort (Thema)
Arglistanfechtung bei Grundstückskauf wegen Altlasten
Leitsatz (amtlich)
1. Auch der bloße Verdacht auf bestehende Altlasten kann einen Sachmangel des verkauften Grundstücks nach § 434 BGB begründen.
2. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Käufer ungefragt darüber aufzuklären, dass er vor dem Verkauf des Grundstücks, auf dem eine Wohnbebauung stattfinden soll und auf dem früher eine Sägerei und Zimmerei betrieben wurde, auf einem begrenzten Teil des Grundstücks wegen eines undichten Tanks im Erdreich einen Bodenaustausch wegen des Auslaufens ölhaltiger Flüssigkeiten hat vornehmen lassen, wenn er nicht sicher davon ausgehen kann, dass sich auf dem übrigen Grundstück keine weitere Kontamination befindet. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn zwischen Beseitigung des verseuchten Erdreichs und Verkauf nur zwei Jahre liegen, bauliche Veränderungen mit Erdbewegungen auf dem Grundstück stattfanden und an anderen Stellen des Grundstücks keine Bodenuntersuchungen stattfanden.
Normenkette
BGB §§ 434, 444
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 25.01.2008; Aktenzeichen 6 O 82/07) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten und der weitergehenden Berufung des Klägers wird das am 25.1.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Lüneburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 116.414,26 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 114.870,83 EUR seit dem 11.5.2007, auf 1,130,69 EUR seit dem 27.6.2007 und auf 412,74 EUR seit dem 14.1.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung von Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag über ein Grundstück in Anspruch.
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B ... GmbH & Co. KG, die in E. eine Sägerei, Zimmerei und ein Baugeschäft betrieb. Im Jahre 2004 wurde bei Abrissarbeiten ein Tank mit einem Fassungsvermögen von 5.000l im Erdreich freigelegt, der für das Lagern von Flüssigkeiten, möglicherweise Holzschutzmitteln, verwendet worden war (Bl. 1 R., 40 f. d.A.). Der Beklagte ließ das Erdreich um den Tank herum nach Absprache mit dem Landkreis und der Gemeinde auskoffern. Für diese am 4./5.10.2004 durchgeführten Arbeiten bezahlte er 5.009,82 EUR.
Am 8.12.2006 schlossen die Parteien einen notariellen Kaufvertrag über einen noch zu vermessenden Teil des Betriebsgrundstücks (Bl. 4-16 d.A.). Der Kläger zahlte für dieses unbebaute Grundstück, auf dem er ein Einfamilienhaus errichten wollte, einen Kaufpreis von 82.416 EUR. In V. des Vertrages ist u.a. bestimmt:
"Die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Vertragsgegenstandes sind ausgeschlossen. Hiervon ausgeschlossen sind Schadensersatzansprüche bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder bei grobem Verschulden nach § 309 Nr. 7 BGB.
Ausgeschlossen sind ferner alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich.
Der Notar wies den Verkäufer darauf hin, dass er wegen evtl. vorhandener, ihm bekannter, versteckter Mängel, die nicht ohne weiteres erkennbar sind, eine Offenbarungsverpflichtung habe.
Der Verkäufer versichert, dass ihm keine versteckten Mängel bekannt sind."
Eine Aufklärung des Klägers über den Tank und die Kontamination des Erdreichs war durch den Beklagten nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 20.3.2007 forderte der Kläger den Beklagten zur Beseitigung von ihm festgestellter Kontaminationen des Grundstücks auf (Bl. 17 d.A.). Dies lehnte der Beklagte am 23.3.2007 ab (Bl. 151 f. d.A.). Der Kläger holte eine Bodenuntersuchung der Gesellschaft für B. GmbH vom 26.3.2007 ein (18-20 d.A.) ein und teilte dies dem Beklagten mit Schreiben vom selben Tag mit (Bl. 21 d.A.). Auch weitere Fristsetzungen zur Sanierung vom 27.3. und 24.4.2007 (Bl. 22 f. d.A.) beachtete der Beklagte nicht, so dass der Kläger am 30.4.2007 vom Vertrag zurücktrat (Bl. 2 R d.A.).
Der Kläger hat behauptet, nach der Übergabe des Grundstücks sei bei der Durchführung von Erdarbeiten auf dem Grundstück unter dem Druck eines Radladers ölhaltige Flüssigkeit an der Oberfläche sichtbar geworden (Bl. 1-3, 45, 73, 90 d.A.). In einer vorhandenen Vertiefung habe sich nach Regenfällen eine ölhaltige Pfütze gebildet. Die durchgeführte Analyse habe ergeben, dass das Grundstück an den drei Probestellen im Oberboden, Unterboden und der Vertiefung mit Altlasten belastet gewesen sei. Tatsächlich lägen diese Bodenverunreinigungen auf dem gesamten Grundstück vor. Der vom Beklagten 2004 durchgeführte Austausch des Bo...