Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsschutzversicherung über die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens und die Auswahl von Schiedsgutachtern

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsschutzversicherung, wonach der Versicherungsnehmer mit der Mitteilung über die Rechtsschutzablehnung darauf hinzuweisen ist, dass er, soweit er der Auffassung des Versicherers nicht zustimmt und seinen Anspruch auf Rechtsschutz aufrechterhält, innerhalb eines Monats die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens vom Versicherer verlangen kann, ist unwirksam.

Klauseln in Rechtsschutzversicherungsbedingungen, wonach der Versicherungsnehmer aufzufordern ist, alle nach seiner Auffassung für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen innerhalb der Monatsfrist dem Versicherer zuzusenden, Schiedsgutachter ein seit mindestens fünf Jahren zur Rechtsanwaltschaft zugelassener Rechtsanwalt ist, der von dem Präsidenten der für den Wohnsitz des Versicherungsnehmers zuständigen Rechtsanwaltskammer benannt wird, dem Schiedsgutachter vom Versicherer alle ihm vorliegenden Mitteilungen und Unterlagen, die für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlich sind, zur Verfügung zu stellen sind sind zulässig.

 

Normenkette

BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2; UKlaG §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; VVG §§ 128-129

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 18 O 123/21)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.06.2024; Aktenzeichen IV ZR 341/22)

 

Tenor

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. November 2021 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, in Bezug auf Verträge über Rechtsschutzversicherungen die nachfolgende oder eine mit dieser inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer), zu verwenden sowie sich auf die Klausel bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

"Mit der Mitteilung über die Rechtsschutzablehnung ist der Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass er, soweit er der Auffassung des Versicherers nicht zustimmt und seinen Anspruch auf Rechtsschutz aufrechterhält, innerhalb eines Monates die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens vom Versicherer verlangen kann."

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2021 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu × und die Beklagte zu 1/4 zu tragen.

5. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

7. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird - endgültig - auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger macht als Verbraucherverband gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche gemäß § 1 UKlaG hinsichtlich der Verwendung von Klauseln in Rechtsschutzversicherungsbedingungen geltend.

Der Kläger ist der Dachverband ... in Deutschland. Die Arbeit des Klägers wird aus Mitteln des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, aus Projektmitteln und durch Mitgliedsbeiträge finanziert. Gemäß § 2 seiner Satzung bezweckt der Kläger, Verbraucherinteressen wahrzunehmen und den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.

Die Beklagte ist eine Versicherungsgesellschaft, die unter anderem Rechtsschutzversicherungen anbietet. Im Rahmen der von ihr angebotenen Rechtsschutzversicherungen verwendet die Beklagte die als Anlage K 2 vorgelegten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung - M. ARB 2019 (im Folgenden: ARB).

Darin enthalten sind folgende Klauseln:

"§ 3 a Ablehnung des Rechtsschutzes wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit - Schiedsgutachterverfahren

(1) [...]

(2) Mit der Mitteilung über die Rechtsschutzablehnung ist der Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass er, soweit er der Auffassung des Versicherers nicht zustimmt und seinen Anspruch auf Rechtsschutz auf...

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