Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 6 O 308/21) |
Tenor
Auf die Berufungen des Klägers sowie der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Stade vom 5. Mai 2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, dem Kläger für das Einstellen des nachfolgenden Textes auf www.facebook.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen.
((Abbildung))
Für den Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungsgeld, oder Ordnungshaft angedroht, die Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Vorständen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und werden die weitergehenden Berufungen der Parteien zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 80 % und die Beklagte 20 %.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.500 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Von einer Darstellung des Sach- und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
B. Die zulässigen Berufungen des Klägers sowie der Beklagten haben zum Teil (Kläger) bzw. in vollen Umfang (Beklagte) Erfolg, was im Ergebnis zu der vorstehend vorgenommenen Tenorierung führt.
I. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der vom Landgericht zuerkannte Klageanspruch zu Ziff. 1. besteht nicht.
1. Das Landgericht hat diesen Anspruch auf Art. 16 DS-GVO gestützt. Dem tritt der Senat nicht bei. Nach der - soweit ersichtlich wohl einhelligen - obergerichtlichen Rechtsprechung wird ein auf diese Vorschrift gestützter Anspruch wie der vorliegend streitgegenständliche abgelehnt mit der Begründung, dass insoweit keine "unrichtigen Daten" vorliegen würden, da sowohl der Vermerk der Sperre wie auch der der Löschung tatsächlich erfolgt sei (vgl. z. B. OLG Hamm, Urteil vom 5. März 2020 - 4 U 113/19, im Umdruck S. 25, nicht veröffentlicht; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Januar 2021 - 4 U 174/20, im Umdruck S. 2 f., nicht veröffentlicht; Senat, Urteil vom 24. Februar 2022 - 5 U 53/21, im Umdruck S. 3 f., nicht veröffentlicht; LG Frankenthal, Urteil vom 8. September 2020 - 6 O 23/20, juris Rn. 58 f.). Wie vorstehend ausgeführt, ist der Senat dieser Rechtsprechung in dem vorgenannten Urteil gefolgt mit der Begründung, dass für die Richtigkeit dieser Auffassung auch spreche, dass im Anwendungsbereich des Art. 16 DS-GVO maßgeblich darauf abzustellen sei, dass die Unrichtigkeit der Daten im Zusammenhang mit dem Verarbeitungskontext und -zweck im Zeitpunkt der Erhebung zu beurteilen ist (vgl. dazu BeckOK, Datenschutz/Worms, DS-GVO Art. 16 Rn. 49).
2. Im Ergebnis kommt auch nicht in Betracht, einen solchen Anspruch herzuleiten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsvertrag i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB.
a) Eine solche Auffassung hat allerdings das OLG München Urteil vom 7. Januar 2020 (18 U 1491/19, juris Rn. 172, 182 f.). vertreten. Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. Februar 2022 (5 U 53/21, im Umdruck S. 4) dahinstehen lassen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Er braucht dies aus den nachstehend unter c) ausgeführten Gründen auch in dem vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
b) Der hier erörterte Klageantrag wäre mindestens zum ganz überwiegenden Teil deshalb zurückzuweisen, weil er - materiellrechtlich - (viel) zu weitgehend ist. Die Beklagte hat den Kläger bereits erstinstanzlich zutreffend darauf hingewiesen (Rn. 44 des Schriftsatzes vom 7. Februar 2022, Bl. 46 R d. A.), dass der Kläger bei einem Klageantrag, der - wie vorliegend - zum Gegenstand hat, alle Lösch- und Sperrvermerke aus dem Nutzerdatensatz zu löschen und den Zähler vollständig "zurückzusetzen", nur dann substantiierten Vortrag hält, wenn er darlegt, dass insoweit in Bezug auf sämtliche in der Vergangenheit erfolgten Löschungen und Sperrungen die hierfür jeweils erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Dazu indes hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich Vortrag gehalten.
Ob im Hinblick darauf der gesamte Klageantrag hätte abgewiesen werden müssen oder ob aus diesem Antrag "als Minus" hätte herausgelesen werden können bzw. müssen, dass jedenfalls - soweit die diesbezüglichen Voraussetzungen vorliegen - dem Klageantrag in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Textbeitrag stattgegeben werden sollte, kann dahinstehen. Dahinstehen kann in diesem Rahmen ferner, ob der Klageantrag überhaupt dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 ZPO entspricht und damit zulässig ist (vgl. zu einer etwas anderen Fallkonstellation mit einem etwas anderen Klageantrag: BGH, Urteil vom 27. Januar 2022 - III ZR 4/21, juris Rn. 17 f.).
c) Denn jedenfalls besteht auch in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Textbeitrag ein solcher Anspruch nicht, da dem Kläger hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis zusteht.
Die Beklagte hat vorgetragen (Rn. 51 f. des Schriftsatzes vom 7. Februar 2022, Bl. 47 R f.), dass gemäß ihren Regelungen alle gezählten Verstöße nach einem ...