Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweitausbildung oder einheitliche Ausbildung?
Leitsatz (amtlich)
Voraussetzungen des erforderlichen Willens zur einheitlichen Ausbildung.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1603, 1610 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bückeburg (Urteil vom 25.11.2005; Aktenzeichen 51 F 124/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Bückeburg vom 25.11.2005 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin folgenden Unterhalt zu zahlen:
Für August 2005 286,42 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.9.2005, für die Zeit von September 2005 bis Dezember 2005 monatlich 5 EUR und ab Januar 2006 monatlich 238 EUR.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben die Klägerin 64/100 und der Beklagte 36/100 zu tragen.
Die Kosten der Berufung fallen zu 39/100 der Klägerin und zu 61/100 dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gem. §§ 1601, 1603, 1610 Abs. 2 BGB.
Der Besuch der Fachoberschule Sozialwesen in ... ab August 2005 stellt sich nicht als eine Zweitausbildung dar, sondern ist vielmehr als Teil einer einheitlichen Ausbildung im Ausbildungsgang Realschulabschluss, Lehre, Fachoberschule und Fachhochschule anzusehen.
Der inhaltliche und zeitliche Zusammenhang der Ausbildung ist gewahrt. Zwar hat die Klägerin nach dem Realschulabschluss 2001 eine Ausbildung zur Physiotherapeutin begonnen und nach einem Jahr abgebrochen, weil sie nicht den Neigungen und Interessen der Klägerin entsprochen hat. Dies bleibt aber unterhaltsrechtlich ohne Auswirkung, weil der Klägerin eine berufliche Orientierung zuzubilligen war.
Im Sommer/Herbst 2002 hat die Klägerin eine Ausbildung zur Kinderpflegerin begonnen und am 7.7.2004 mit dem Abschluss als staatlich geprüfte Kinderpflegerin beendet. Der geplante Besuch der Fachoberschule in ... war ihr nicht sogleich möglich, weil die Bewerbungsfrist bereits im März 2004 abgelaufen war. Seit dem 25.8.2005 ist sie nun Schülerin der Fachoberschule in ..., um nach dem Abitur Sozialpädagogik zu studieren.
Der nach der Rechtsprechung des BGH erforderliche Wille zur einheitlichen Ausbildung (BGH FamRZ 1991, 321) war auf Seiten der Klägerin bei Beginn des ersten Ausbildungsabschnittes (Ausbildung zur Kinderpflegerin) vorhanden und ist von der Klägerin bereits im Jahre 2001 ihrer Mutter ggü. geäußert worden.
Hiervon ist der Senat durch die Aussage der Mutter der Klägerin, der Zeugin ..., in der Sitzung vom 24.5.2006 überzeugt. Die Zeugin ... hat ausgesagt, dass die Klägerin ihr, der Zeugin, und ihrer älteren Tochter erklärt habe, dass sie auch studieren wolle. Für den Fall, dass sie das Studium nicht schaffen sollte, habe sie erst eine Lehre machen wollen, damit "sie etwas in der Hand habe".
Die Klägerin habe "etwas Soziales" studieren wollen und "etwas mit Kindern" machen wollen. Einer entsprechenden Willensäußerung ggü. dem Beklagten bedurfte es nicht (vgl. BGH a.a.O.).
Es kann - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht festgestellt werden, dass die Klägerin für den vorgesehenen Ausbildungsgang nicht geeignet ist. Zwar befürchtet sie selbst, dass sie wegen unzureichender Leistungen das laufende Schuljahr wiederholen muss. Abgesehen davon, dass die Klägerin nach ihren Angaben durch ihre angespannte finanzielle Situation in ihrer schulischen Leistungsfähigkeit möglicherweise tatsächlich beeinträchtigt gewesen ist, würde eine einmalige Wiederholung eines Schuljahres nicht ausreichen, um die Ungeeignetheit der Klägerin für den Ausbildungsgang annehmen zu können.
Der Bedarf der Klägerin als volljähriges nicht bei einem Elternteil wohnendes Kind beträgt nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Senate des OLG Celle 640 EUR. Der Bedarf ist durchgehend durch das Kindergeld i.H.v. monatlich 154 EUR gedeckt gewesen, so dass für August 2005 ein Restbedarf von 486 EUR bestanden hat.
In der Zeit von September 2005 bis Dezember 2005 ist der Bedarf der Klägerin weiter durch eine Bafög-Zahlung von monatlich 481 EUR reduziert worden, so dass sich für diesen Zeitraum ein ungedeckter Bedarf von monatlich 5 EUR ergibt.
Ab Januar 2006 bezieht die Klägerin nur noch Bafög-Leistungen von monatlich 248 EUR, so dass sich ihr ungedeckter Bedarf ab diesem Zeitpunkt auf monatlich 238 EUR beläuft (486 EUR -248 EUR).
Für diesen Unterhaltsbedarf haften die Eltern grundsätzlich anteilig, § 1606 Abs. 3 BGB. Die Mutter der Klägerin ist allerdings unstreitig hierzu nicht in der Lage.
Der Beklagte ist hingegen leistungsfähig.
Nach der Verdienstabrechnung für Dezember 2005 hat der Beklagte ein Jahresnettoeinkommen von 18.150,31 EUR erzielt. Hinzuzuziehen ist das im Zeitraum vom 27.10.2005 bis 21.11.2005 als Lohnersatzleistung bezogene Krankengeld i.H.v. 1.247,48 EUR. Damit ergibt sich ein Gesamteinkommen von 19.397,79 EUR bzw. monatlich durchschnittlich 1.616,48 EUR. Abzuziehen sind 11,16 E...