Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzpflicht der kreditgebenden Bank, Wissensvorsprung, Beratungsvertrag, "Schrottimmobilien"
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zusammenarbeit zwischen der den Wohnungserwerb finanzierenden Bank und dem Vertrieb begründet grundsätzlich keine besonderen Pflichten der Bank ggü. dem Erwerber und Darlehensnehmer.
2. Ein Schadenseratzanspruch des Darlehensnehmers gegen die Bank wegen eines Wissensvorsprungs der Bank im Falle von institutionalisiertem Zusammenwirken und arglistiger Täuschung durch den Vertrieb wegen einer behaupteten arglistigen Täuschung hinsichtlich der Mieteinkünfte bedarf besonderer Darlegung durch den Darlehensnehmer, wenn die in Aussicht gestellten Mieten den üblichen Rahmen nicht verlassen. Dabei kann dem Umstand, dass es sich um eine Wohnung in einem Neubauobjekt handelt, besondere Bedeutung zukommen, weil im Zeitpunkt der Veräußerung der Wohnung an den Erwerber die zu erzielende Miete häufig noch nicht feststehen wird und Angaben zu den Mieteinnahmen häufig nur Prognosen sein werden.
3. Das Bestehen eines Mietspiegels spricht gegen eine Aufklärungspflicht, weil es dann einem Informationsgefälle hinsichtlich der zu erzielenden Mieten fehlt; eine arglistige Täuschung ist deswegen aber nicht von vornherein ausgeschlossen.
4. Es spricht gegen das Zustandekommen eines Beratungsvertrages zwischen Bank und Erwerber, wenn es an einem persönlichen Kontakt zwischen Bank und Erwerber fehlt. Ein Beratungsvertrag kommt im Regelfall allein zwischen dem - durch den Vertrieb vertretenen - Verkäufer und dem Erwerber zustande, da das Erwerbsgeschäft im Vordergrund steht.
Normenkette
BGB § § 199 ff., § 488; VerbrKrG §§ 3, 9; HwiG § 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 8 O 125/05) |
Tenor
1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 18.10.2006 bleibt aufrechterhalten.
2. Die Kläger haben auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit notariell beurkundetem Kaufvertragsangebot vom 6.7.1998 boten die Kläger der B. GmbH den Abschluss eines Kaufvertrages über einen hälftigen Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung in B. bei L., Gemarkung R., L.-Straße, zum Preis von 143.562 DM an (Anlage A 5, gesondert geheftet). Die Wohnanlage umfasst insgesamt 27 Wohnungen. Das Angebot wurde mit notarieller Erklärung vom 27.7.1998 angenommen (A 6).
Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Kläger mit der Beklagten zu 2, vertreten durch die Beklagte zu 1, am 30.6./6.7.1998 einen Vertrag über ein Vorausdarlehen über 168.000 DM, darin enthalten ein Disagio i.H.v. 3.360 DM, ab (A 7/D 8). Der anfängliche effektive Jahreszins betrug 5,81 %, die Zinsbindungsfrist 10 Jahre.
Die Tilgung des Vorausdarlehens sollte mittels zweier Bausparverträge sowie durch zwei Bauspardarlehen mit der Beklagten zu 1 erfolgen. Auszahlungsbedingung für das Darlehen war u.a. der Beitritt der Kläger in eine Mieteinnahmegemeinschaft. Mit Datum vom 17.6. sowie 19.6.1998 erstellte und übersandte die Beklagte zu 1 "Annahme-Urkunden" zu den Bausparverträgen (A 8).
Nach ihrem eigenen Vortrag in der Klagschrift war im April/Mai 1998 der Vermittler He. an die Kläger herangetreten. Unter dem 7.5.1998 unterzeichneten die Kläger "Risikohinweise" (D 2) und eine Vereinbarung über Mietenverwaltung (A 4/D 4). Bei einer weiteren Besprechung am 25.5.1998 unterzeichneten die Kläger ein "Besuchsprotokoll" (A 2/D 7), am 6.7.1998 einen "Besuchsbericht", wonach die Vorauszahlung auf die Mietpoolausschüttung z. Zt. 409 DM abzgl. 48 DM Nebenkosten für Mietpool, WEG-Verwaltung und Instandhaltungsrücklage (D 3), sowie den "Darlehensantrag und Vollmacht zum Abschluss von Bausparverträgen" (A 3).
Mit Anwaltsschreiben vom 30.8.2002 erklärten die Kläger ggü. den Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz (A 11). Die Klagerhebung erfolgte mit Schriftsatz vom 9.3.2005.
Die Kläger haben gemeint, ihnen stünden Schadensersatzansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, aus einem stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrag sowie aus unerlaubter Handlung zu. Hilfsweise stützen sie ihr Klagebegehren auf § 3 HWiG. Sie seien nach dem Widerruf des Darlehensvertrages nicht zur Rückzahlung der Valuta verpflichtet, da der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag ein verbundenes Geschäft darstellten. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG sei nicht anwendbar, da die Grundschuld das Darlehen wegen des niedrigen Verkehrswertes der Wohnung nur unwesentlich absichere. Mit dem Hilfsantrag zu 7 machen die Kläger den Differenzschaden geltend, der ihnen durch die ihrer Ansicht nach im Vergleich zu einem Annuitätendarlehen ungünstige Finanzierung entst...