Leitsatz (amtlich)
Die Verwendung von Testergebnissen zur Werbung für ein Produkt ist wettbewerbswidrig, wenn in der Werbeanzeige nicht ausreichend deutlich lesbar angegeben ist, wo der Verbraucher nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Eine ausreichend deutliche Lesbarkeit in diesem Sinn erfordert im Regelfall die Verwendung einer Schrift, deren Größe 6-Punkt nicht unterschreitet.
Normenkette
UWG § 5a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.10.2010; Aktenzeichen 24 O 58/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der 24. Zivilkammer (4. Kammer für Handelssachen) des LG Hannover vom 12.10.2010 abgeändert.
Die Verfügungsbeklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bzw. deren Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für Kosmetika, insbesondere das Produkt "L." mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung des Tests in deutlich lesbarer Druckgröße wiederzugeben (gemäß Inserat Zeitschrift "Ö.", Ausgabe *#*#*- Anlage A 1).
Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Gründe
I. Von einer Darstellung des Sach- und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers (im Folgenden: Kläger) hat Erfolg. Der Kläger hat die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung hinreichend glaubhaft gemacht.
1. Der Kläger hat einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm steht gegen die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 5a Abs. 2, 3 Abs. 2, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.
a) Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktiv legitimiert.
b) Die Beklagte hat dadurch, dass sie in der im Klageantrag wiedergegebenen Zeitschrift für eines der von ihr vertriebenen Produkte mit der Wiedergabe eines Qualitätsurteils der Zeitschrift "Ö." geworben hat, eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG vorgenommen.
c) Diese geschäftliche Handlung ist unlauter.
Nach §§ 5a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in die Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Das setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 50/07, zitiert nach juris, Tz. 29 ff.; BGH, Urt. v. 21.3.1991 - I ZR 151/89, zitiert nach juris, Tz. 19). Eine leichte Auffindbarkeit in diesem Sinn bedingt, dass die Fundstellenangabe ausreichend deutlich lesbar ist (vgl. KG, Urt. v. 14.9.1993 - 5 U 5035/93, MD 1994, 158, 159). Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit lassen sich die Grundsätze übertragen, die in der Rechtsprechung des BGH zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden sind, wonach die Pflichtangaben "erkennbar" zu sein hatten (vgl. KG,
a.a.O.). Dies bedeutete in der Auslegung des BGH Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Diese Voraussetzung hat der BGH im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift als erfüllt angesehen, deren Größe 6-Punkt nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1986 - I ZR 213/84, zitiert nach juris, Tz. 12 ff.).
Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Fundstellenangabe nicht gerecht. Sie ist in einem deutlich unter 6-Punkt liegenden Schriftgrad gehalten, den der Senat als 3-Punkt, maximal aber 4-Punkt-Schriftgrad einstuft. Der Senat kann die Fundstellenangabe zwar lesen. Dies erfordert aber eine besondere Anstrengung unter Betrachtung der streitgegenständlichen Werbeanzeige aus allernächster Nähe. Besonderheiten der grafischen Gestaltung, die die in der geringen Schriftgröße begründete Lesbarkeitserschwernis durch ausgleichende optische Effekte wettmachen würden, sind nicht erkennbar.
d) Die geschäftliche Relevanz hat der Senat bei einer - wie hier - Verletzung einer wesentlichen Informationspflicht i.S.v. § 5a Abs. 2 UWG nicht gesondert zu prüfen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5a Rz. 56).
2. Ein Verfügungsgrund wird vermutet, § 12 Abs. 2 UWG.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2643697 |
NJW 2011, 8 |
GRUR... |