Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 22.05.2008; Aktenzeichen 5 O 218/04) |
Tenor
Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 22. Mai 2008 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 87 % und die Beklagte 13 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger – vertreten durch seine Eltern – macht gegenüber der Beklagten Schmerzensgeld und Feststellung der Erstattungspflicht zukünftiger Schäden aufgrund eines von ihm erlittenen Geburtsschadens geltend.
Der Kläger wurde am … 2001 im von der Beklagten betriebenen Heidekreis-Klinikum geboren. Infolge der geburtsmechanisch ungünstigen Lage des Kopfes des Klägers wurde eine vaginaloperative Entbindung mittels einer Saugglocke durchgeführt. Während des Geburtsverlaufs kam es dabei beim Kläger zu einer linksseitigen Schulterlähmung (Plexusparese). Beim Kläger kam es bereits in den ersten Lebenstagen zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen durch eine innerhalb des Schädels (inkranielle) eingetretene Blutung mit nachfolgender Meningitis. Am … 2001 wurden beim Kläger Hirnblutungen, am … 2001 eine Meningitis festgestellt. Der Kläger leidet weiter unter einer Hirnschädigung und ist in seiner Entwicklung stark verzögert.
Während die Beklagte ihre Einstandspflicht für die Plexusparese dem Grunde nach zunächst eingeräumt und dafür an den Kläger bereits 5.000 EUR geleistet hat, besteht zwischen den Parteien Streit darüber, ob von den Ärzten der Beklagten (im Folgenden nur: die Beklagte) zu verantwortende Fehler während der Geburt zu den genannten Schäden geführt haben.
Der Kläger behauptet insbesondere, eine vorzeitige Entbindung per Kaiserschnitt sei medizinisch zwingend notwendig gewesen. Die Hirnschädigung sei Folge dieser Unterlassung.
Er vertritt die Auffassung, die Beklagte habe eine Aufklärungspflichtverletzung begangen, weil seine Eltern vor der Vakuumextraktion über deren Risiken und die Alternative einer Kaiserschnittentbindung hätten informiert werden müssen.
Die Beklagte behauptet hingegen, der Geburtsverlauf sei lege artis erfolgt. Die Geburt mittels Saugglocke sei indiziert gewesen. Ein Kaiserschnitt sei nicht indiziert gewesen, weil sich der Kläger zwar in einer regelwidrigen, für eine natürliche Geburt aber nicht unmöglichen Lage befunden habe. Hirnschäden des Klägers seien nicht auf Behandlungsfehler zurückzuführen, sondern beruhten auf der vom Kläger am 3. Lebenstag erworbenen Meningitis. Die Beeinträchtigungen des Klägers seien auf dessen Hirnschädigung zurückzuführen, weshalb die Plexuslähmung nicht ursächlich für die beim Kläger zu beobachtenden Bewegungsbeeinträchtigungen sei.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschlüssen vom 12. Oktober 2004 (Bl. 90 d.A.), 9. Februar 2006 (Bl. 189 d.A.) und vom 25. Juni 2007 (Bl. 344 d.A.) über die Frage, ob die Entbindung lege artis durchgeführt wurde durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten der Sachverständigen Dr. K. (Bl. 136 d.A.; Ergänzungsgutachten Bl. 207 d.A.), Prof. Dr. K. (Bl. 283 d.A.) sowie Prof. Dr. K. (Bl. 385 d.A.; Ergänzungsgutachten Bl. 409 d.A.).
Das Landgericht hat die Beklagte wegen der von ihr verursachten Plexusparese verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 EUR zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen, weil ein von der Beklagten zu verantwortender weiterer Fehler bei der Geburt des Klägers nicht festzustellen sei.
Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, welche das vom Landgericht ausgeurteilte Schmerzensgeld für überhöht hält, sowie die Berufung des Klägers, der seinen ursprünglichen Klageantrag weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
- unter teilweiser Abänderung des Urteils der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 22. Mai 2008 die Beklagte zu verurteilen, über ausgeurteilte 40.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. August 2004 hinaus ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 6. Januar 2002 auf 255.645,94 EUR und auf den darüber hinaus gehenden Betrag ab dem 31. August 2004 (Klagezustellung) zu zahlen;
- sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden aus der Fehlbehandlung anlässlich seiner Geburt am … 2001 zu erstatten, soweit diese Schäden nicht unter 1. ausgeurteilt worden sind oder kraft Gesetzes auf Dritte übergehen oder auf die mit Schreiben der Beklagten vom 15. Mai 2003 anerkannte Plexus-Lähmung entfallen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuwe...