Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrssicherungspflicht für Grundstücke
Leitsatz (amtlich)
1. Den Grundstückseigentümer trifft hinsichtlich seines befriedeten Besitztums eine Verkehrssicherungspflicht nur insofern, als er für dieses den Verkehr eröffnet hat. Davon ist regelmäßig der Innenbereich nicht erfasst, sofern das Grundstück durch einen zur Straße gelegenen Eingang zu betreten ist, Dritte - etwa Briefträger, Handwerker etc. - also den Hof generell nicht aufsuchen müssen.
2. Sofern andere Personen mit Zustimmung des Verkehrssicherungspflichtigen auch über den Hof in das Gebäudeinnere gelangen, ist es ausreichend, wenn dieser zum Überqueren gedachte Bereich gesichert ist - etwa bei Dunkelheit durch Bewegungsmelder -; für eine Außenkellertreppe, die nicht zum Betreten des Gebäudes vorgesehen ist und außerhalb des Grundstückteiles liegt, den Besucher auf ihrem Weg zum Haus betreten müssen, besteht keine Verkehrssicherungspflicht.
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 11.05.2004; Aktenzeichen 3 O 18/04) |
Tenor
Die Berufung gegen das am 11.5.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, das LG habe zu Unrecht das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht verneint. Vielmehr habe der Beklagte auch die Außenkellertreppe sichern müssen. Die Benutzung der Grundstücksfläche des Beklagten durch den Kläger sei nämlich nicht bestimmungswidrig gewesen; es könne nicht als besonders außergewöhnlich verstanden werden, wenn derjenige, der einen anderen besuchen will und ihn nicht gleich antrifft, wartet und dabei ein wenig umhergeht. Mit dieser Möglichkeit habe auch der Beklagte rechnen müssen, sodass er gehalten gewesen sei, die Außenkellertreppe durch ein Geländer zu sichern und den Hofbereich zumindest soweit auszuleuchten, dass die Außenkellertreppe erkennbar war. Der Vorwurf eines Mitverschuldens könne dem Kläger zudem nicht gemacht werden; der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass Treppen, Abgänge, Schächte etc. in einer Weise gesichert sein würden, wie es im Umfeld einer Wohnbebauung erwartet werden könne. Der Kläger sei zudem mit den Verhältnissen auf dem Hof des Beklagten nicht besonders vertraut gewesen.
Der Kläger beantragt,
1. unter Abänderung des am 11.5.2004 verkündeten Urteils des LG Lüneburg den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 13.000 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.767,48 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 17.5.2003 zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.
II. Die Berufung ist unbegründet; dem Kläger steht gegen den Beklagten kein - hier allein aus § 823 BGB herzuleitender - Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu.
1. Den Beklagten traf schon keine Pflicht, den Eingang zum Keller seines Wohnhauses abzusichern. Zwar ist der Beklagte als Eigentümer des Grundstücks H.-14 im Grundsatz verkehrssicherungspflichtig, denn die allgemeine Verkehrssicherungspflicht, also die Pflicht, im Verkehr Rücksicht in Bezug auf die Gefährdung anderer zu nehmen, folgt aus dem Grundsatz, dass jeder, der durch die Eröffnung eines Verkehrs auf seinem Grundstück oder auf andere Weise Gefahrenquellen schafft, alle Maßnahmen zu treffen hat, die zum Schutze Dritter notwendig sind (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 14, Rz. 28 m.w.N.). Hier ist aber - jedenfalls hinsichtlich des Bereichs der Kellertreppe - schon nicht von der Eröffnung eines Verkehrs auszugehen. Denn einerseits ist das Grundstück H. 14 durch den zur Straße gelegenen Eingang zu betreten, sodass Dritte - etwa Briefträger, Handwerker etc. - generell nicht gehalten sind, über den Hof in das Gebäudeinnere zu gelangen. Mag dies auch für Freunde oder Bekannte (z.B. des Sohnes des Beklagten) nur in eingeschränkter Form insoweit gelten, als - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - jedenfalls Freunde des Sohnes auch über den Hof in das Gebäudeinnere gelangen, indem sie nämlich über den Hof gehen und das Gebäude über die Terrassentür betreten, so ist jedenfalls nicht erkennbar, dass auch für die "Außenkellertreppe" ein "beschränkter Verkehr" (vgl. dazu Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 14, Rz. 30) eröffnet gewesen wäre. Die Eröffnung des Verkehrs bezieht sich also allenfalls auf den zum Überq...