Leitsatz (amtlich)
1. Wird in die Bilanz einer Ein-Mann-GmbH eine Forderung der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter aufgenommen, ist darin ein starkes Beweisindiz für die Existenz der Forderung zu sehen, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die Bilanzfeststellung auch bei dieser Gesellschaftsform rechtsgeschäftlichen Charakter hat.
2. Die Geltendmachung der Gesellschaftsforderung scheitert trotz fehlender Gegenleistung der Gesellschaft nicht am Einwand schenkungsrechtlicher Formnichtigkeit, wenn der Gesellschafter seine Verpflichtung im Hinblick auf seine Mitgliedschaft (causa societatis) eingegangen ist.
3. Ein Gesellschafter haftet gem. § 826 BGB, wenn er seiner GmbH als deren Geschäftsführer eigennützig die gegen ihn selbst gerichtete Forderung entzieht, indem er- auf beiden Prozessseiten agierend - gegen die Gesellschaft ein klagabweisendes Versäumnisurteil erwirkt und damit das Liquidationsvermögen vernichtet, das zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist.
4. Die rechtliche Fehlbewertung des eigenen, sittenwidrigen Verhaltens durch den Gesellschafter lässt den Schädigungsvorsatz nicht entfallen.
5. Führt ein Vollstreckungsgläubiger der Gesellschaft als deren Nebenintervenient den Prozess gegen den Gesellschafter allein fort und setzt er sich damit in Widerspruch zu einem zwischenzeitlich bestellten, pflichtwidrig handelnden Notliquidator der Hauptpartei, unterbricht diese Prozessführung trotz der Regelung des § 67 ZPO nicht den Zurechnungszusammenhang mit dem vorangegangenen prozessualen Schädigungsverhalten des Gesellschafters; der Gesellschafter haftet auch für die weiteren aufgrund der Prozessfortsetzung entstandenen Kosten.
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Verden vom 26.10.2006 abgeändert und der Beklagte verurteilt,
a) an die vom Kläger verwaltete Konkursmasse der ... m. GmbH ... 554.229,56 EUR nebst 4 % Zinsen auf 538.668,81 EUR seit dem 19.4.1994 und auf 15.560,75 EUR seit dem 13.9.2006 zu zahlen;
b) die vom Kläger verwaltete Konkursmasse der ... m. GmbH ... von sämtlichen Kosten freizustellen, die ihr in dem Rechtsstreit ... S. GmbH ... - 4 O 137/94 LG Verden/16 U 314/05 OLG Celle - oder im Zusammenhang mit diesem Rechtsstreit entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit diese Kosten nicht schon Gegenstand des vorstehenden Zahlungsausspruchs (lit. a) sind..
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern der Kläger nicht seinerseits zuvor Sicherheit in Hohe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger macht als Konkursverwalter Ansprüche geltend, die einem Schwesterunternehmen der Konkursschuldnerin gegen den Beklagten als deren Gesellschafter-Geschäftsführer zustehen sollen und auf die der Kläger durch Pfändungsund Überweisungsbeschluss zugegriffen hat Erhoben wird der Vorwurf vorsätzlicher Vernichtung von Liquidationsvermögen des Schwesterunternehmens, also der Vollstreckungsschuldnerin, durch eine prozessuale Manipulation in einem von der Schwestergesellschaft gegen den Beklagten betriebenen Vorprozess.
Der Kläger ist Verwalter der 1992 in Konkurs gefallenen ... m. GmbH. Der Beklagte war deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer.!m Jähre 1994 war der Kläger zugleich Konkursverwalter über das Vermögen der ... S... GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer und Liquidator der Beklagte ebenfalls war.
Der Senat hat das klagabweisende Urteil des LG Verden durch sein erstes Berufungsurteil vom 20.6.2007 bestätigt. Auf die zugelassene Revision hin hat der BGH durch Urteil vom 9.2.2009 (II ZR 292/07) das Berufungsurteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, soweit ein Anspruch aus existenzvernichtendem Eingriff in das Vermögen der ... S-- GmbH gem. § 826 BGB und damit in eine vom Kläger gepfändete Forderung seiner Konkursschuldnerin aus Rechtsgründen verneint worden ist. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien bis zum ersten Berufungsurteil des Senats und der Klageabweisungsgründe wird auf das Urteil des Senats vom 20.6.2007 und die bis dahin gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Die Parteien verfolgen ihre in der vorangegangenen Berufungsinstanz gestellten Anträge - Verhandlung vom 9.5.2007, Band II, Bl. 287 d.A. - weiter. Der Kläger trägt ergänzend vor, dass kausal für das Unterliegen des Klägers in dem Vorprozess 16 U 314/05 OLG Celle allein das sittenwidrige Verhalten des Beklagten gewesen sei. Der hiesige 16. Zivilsenat habe in seinem Beschluss vomfl2.5.2006, mit dem die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden ist, die Frage, ob die ... S. GmbH nach der Pfändung noch auf die gepfändete Forderung habe einwirken dürfen, ausdrücklich dahingestellt sein lassen und sich zur Begründung s...