Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung eines VOB/B-Vertrages.
Leitsatz (amtlich)
Eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung ist dann nicht erforderlich, wenn sich das Verhalten des Auftragnehmers als schwere Vertragsverletzung darstellt.
Das Setzen von Einzelfristen ist dann zulässig, wenn die rechtzeitige Erfüllung des Bauvertrages ernsthaft in Frage steht und dem Auftraggeber ein weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist.
Normenkette
VOB B § 5 Abs. 4, § 8 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 25.08.2020; Aktenzeichen 9 O 31/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.08.2020 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover (AZ. 9 O 31/18) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 53.462,17 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt Restvergütung aus einem Werkvertrag. Die Klägerin ist ein Bauunternehmen und wurde von der Beklagten mit Trockenbauarbeiten in der H.kaserne in M. mit Schreiben vom 10.03.2016 zu einer Auftragssumme von 105.492,98 EUR beauftragt. Der Auftrag wurde von der Klägerin zu den dortigen Konditionen angenommen. Zwischen den Parteien war die Geltung der VOB/B vereinbart. Die Leistung sollte innerhalb von 48 Werktagen nach Ausführungsbeginn fertiggestellt werden. Mit Schreiben vom 07.04.2016 (Anlage K3) zeigte die Klägerin an, dass sie die Arbeiten nicht kontinuierlich weiterführen könne, weil das Abbruchunternehmen noch vorgeschaltete Arbeiten ausführen müsse. Es werde mit einem Arbeitsstillstand von ca. zwei Wochen gerechnet.
Die vorgeschalteten Arbeiten waren dann Ende Juni 2016 beendet. Die Klägerin führte ihre Arbeiten nicht fort, so dass die Beklagte mit E-Mail vom 29.06.2016 (Anlage B1) eine Wiederaufnahme der Arbeiten anmahnte. Die Klägerin nahm ihre Arbeiten dann erst am 12.07.2016 bzw. 13.07.2016 wieder auf. Ab dem 05.09.2016 unterbrach die Klägerin ihre Arbeiten wieder, zunächst ohne Begründung. Am 15.09.2016 erfolgte eine Behinderungsanzeige, weil die Beklagte den Nachtrag N1 vom 24.05.2016 nicht beauftragt hatte (Anlage B2). In diesem Nachtrag ging es um Mehrkosten von Monteuren (Fahrtkosten, Unterkunft), die in H. untergebracht werden sollten (Anlage B3). Diese Behinderungsanzeige wurde von der Beklagten mit E-Mail vom 20.09.2016 (Anlage B4) zurückgewiesen. Der Nachtrag sei nicht prüfbar, insbesondere sei nicht dargelegt, warum die Monteure derart weit vom Ausführungsort M. untergebracht werden müssten. Die Klägerin wurde zur Vorlage eines prüffähigen Nachtrages aufgefordert.
Danach nahm die Klägerin ihre Arbeiten zunächst nicht wieder auf. Ein prüffähiger Nachtrag wurde der Beklagten nicht übersandt.
In der Folge kam es zu diversen Aufforderungen der Beklagten an die Klägerin, die Arbeiten zu fördern, weil teilweise über Wochen keine Arbeiter auf der Baustelle gewesen seien. Andere Gewerke, die an die Arbeiten der Klägerin anknüpfen würden, könnten nicht begonnen werden. Der Gesamtfertigstellungstermin im Dezember 2016 sei in Gefahr. Insgesamt übersandte die Beklagte der Klägerin sechs Schreiben, in denen sie die Klägerin anmahnte, die Arbeiten zu fördern und Arbeiter auf die Baustelle zu entsenden. Sie forderte die Klägerin auf, sich an die vertraglich vereinbarte Fertigstellungsfrist zu halten, und drohte bei Nichteinhaltung eine Kündigung des Vertrages an. Im Einzelnen:
Mit E-Mail vom 20.09.2016 (Anlage B4) teilte die Beklagte mit, dass seit dem 05.09.2016 keine Mitarbeiter der Beklagten mehr vor Ort seien. Die Weiterführung der Leistungen sei erforderlich, weil sonst andere Gewerke durch fehlende Vorleistungen behindert würden.
Mit Schreiben vom 24.09.2016 (Anlage B5) forderte die Beklagte erneut Abhilfe wegen unzureichender Förderung der Baumaßnahmen. Auf die E-Mail vom 20.09.2016 sei keine Reaktion erfolgt. Es werde bis zum 27.09.2016 Abhilfe erwartet. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte nicht innerhalb der Frist.
Am 29.09.2016 forderte die Beklagte die Klägerin erneut zur Abhilfe auf. Die Baustelle sei seit dem 05.09.2016 nicht mehr besetzt. Der Aufforderung zur Abhilfe aus dem Schreiben vom 24.09.2016 sei die Klägerin nicht nachgekommen. Die Fertigstellung der gesamten Leistung bis Mitte Dezember sei durch die Einstellung der Arbeiten der Klägerin in Gefahr. Die Beklagte setzte eine weitere Frist zur Abhilfe bis zum 04.10.2016. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte nicht innerhalb der Frist, allerdings verrichtete ab dem 10.10.2016 ein Subunternehmer der Klägerin einzelne Tätigkeiten auf der Baustelle.
Mit E-Mail vom 17.10.2016 wurde der Klägerin zur Kenntnis die Ausführungsplanung für die Elektrik hinsichtlich der La...