Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Befugnissen des Haftpflichtversicherers, der dem im Haftpflichtprozess nicht prozessordnungsgemäß vertretenen beklagten Schädiger als Streithelfer beitritt und Klageabweisung wegen eines gestellten Unfalls beantragt.
2. Die Aussage des Beklagten im Zuge seiner Vernehmung als Partei stellt keine Geständnis i.S.v. § 288 ZPO dar.
3. Räumt der nicht prozessordnungsgemäß vertretene Schädiger in seiner Vernehmung als Partei den vom Kläger behaupteten Unfallhergang ein, setzt sich der Haftpflichtversicherer als Streithelfer des beklagten Schädigers nicht in Widerspruch zu der von ihm unterstützten Partei, wenn er weiterhin Klageabweisung beantragt, weil ein gestellter Unfall vorliege.
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 8 O 348/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.12.2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Verden wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin des Beklagten zu 1) trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwer: 14.101,96 DM.
Gründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das LG hat die Klage, mit der der Kläger materiellen Schadensersatz i.H.v. 12.501,96 DM und ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 1.600 DM begehrt, abgewiesen, weil es sich nach Vernehmung des Beklagten zu 1, der in beiden Instanzen nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, als Partei sowie drei weitere Zeugen nicht die Überzeugung hat bilden können, dass die dem Klagebegehren zugrunde liegenden Schäden durch einen Unfall entstanden seien, der am 22.12.1999 gegen 21:00 Uhr in … stattgefunden hat. Das Urteil des LG trifft zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
I. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass der Vortrag der Beklagten zu 2), es habe sich um einen verabredeten Unfall gehandelt, im Streitfall unbeachtlich sei und vielmehr der Sachvortrag des Klägers als zugestanden gelte, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Zunächst ist die Beklagte zu 2) selbst Prozesspartei, weil der Kläger sie mit dem Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch im Klagewege in Anspruch genommen hat. Die Beklagten sind insoweit einfache Streitgenossen (vgl. BGH r + s 1994, 212; VersR 1974, 1117) und können deshalb auch unterschiedlich vortragen. Soweit die Beklagte zu 2) aufgrund ihrer nach § 66 ZPO zulässigen Nebenintervention zugleich als Streithelferin des Beklagten zu 1 aufgetreten ist, war sie berechtigt, nicht nur für sich, sondern auch für den Beklagten zu 1) in der Sache vorzutragen und durch Stellung der Anträge auf Abweisung der Klage in beiden Instanzen ein Versäumnisurteil gegen die unterstützte Partei abzuwenden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rz. 3). Das rechtliche Interesse der Beklagten zu 2), dem Beklagten zu 1) auch als Streithelferin beizutreten, ergibt sich dabei aus der Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess (vgl. OLG Hamm v. 29.4.1996 – 6 U 187/95, NJW-RR 1997, 156 [157] = MDR 1996, 962 = OLGR Hamm 1996, 143).
Zutreffend hebt der Kläger in seiner Berufung hervor, dass sich der Streithelfer, soweit er für die Hauptpartei auftritt, nicht im Widerspruch zu deren Vortrag setzen darf. Gemäß § 67 ZPO dürfen Erklärungen und Handlungen des Streithelfers nicht mit denen der unterstützten Partei in Widerspruch stehen. Sie sind unbeachtlich, wenn sich aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei ergibt, dass sie Erklärungen oder Prozesshandlungen nicht gegen sich gelten lassen will (BGH NJW 1994, 1557; OLG Hamm v. 29.4.1996 – 6 U 187/95, NJW-RR 1997, 156 [157] = MDR 1996, 962 = OLGR Hamm 1996, 143). Solange sich jedoch ein gegenteiliger Wille der unterstützten Partei nicht feststellen lässt, kann der Streithelfer Prozesshandlungen vornehmen. So liegt es hier. Der Beklagte zu 1 ist im Prozess bisher nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen und hat selbst nicht zur Sache vorgetragen. Ein gegenteiliger Wille, der dem Klageabweisungsantrag der Beklagten zu 2) widerspräche, lässt sich deshalb nicht feststellen. Ein bloßes Unterlassen von Sachvortrag steht ebenso wie die bewusste Säumnis einem Verhandeln des Streithelfers nicht entgegen. Die Säumnis der unterstützten Partei ist nicht als Widerspruch i.S.v. § 67 ZPO zu werten (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rz. 9 m.w.N.).
Darüber hinaus hat der Beklagte zu 1) weder ausdrücklich noch stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass er mit der von der Beklagten zu 2) auch für ihn beantragten Klageabweisung nicht einverstanden ist. Aufgrund dieses passiven Verhaltens des Beklagten zu 1) war die Beklagte zu 2) nicht gehindert, durch Stellung des Klageabweisungsantrages ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 1) abzuwenden und Tatsachen, die für eine Unfallmanipulation sprechen, vorzutragen...