Leitsatz (amtlich)
Zur preisangaberechtlichen Beurteilung einer Bearbeitungspauschale, die von einem Anbieter beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags verlangt wird, wenn der Gesamtbestellwert eine bestimmte Höhe nicht erreicht.
Eine Bearbeitungspauschale, die von einem Anbieter beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags verlangt wird, wenn der Gesamtbestellwert eine bestimmte Höhe nicht erreicht, ist nicht in den Gesamtpreis einzurechnen, der gemäß § 3 Abs. 1, § 2 Nr. 3 PAngV für die einzelnen angebotenen Waren anzugeben ist. Vielmehr handelt es sich um sonstige Kosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 PAngV, die nach Maßgabe dieser Regelungen gesondert anzugeben sind.
Normenkette
PAngV § 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; Richtlinie 98/6/EG Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1; Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. e; UWG §§ 3, 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 10.07.2023; Aktenzeichen 13 O 164/22) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 10. Juli 2023 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch, weil dieser mit seinem Internetversand - bei einem Gesamtbestellwert von unter 29 EUR - eine Bearbeitungspauschale erhob, die er nicht in den für die einzelnen angebotenen Produkte angegebenen Preis einrechnete, sondern gegebenenfalls separat auswies. Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises gemäß § 3 Abs. 1 PAngV.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, im Internet auf der Internetseite https://www...de Ware anzubieten oder anbieten zu lassen und in deren Zusammenhang Preise anzugeben, in denen eine Bearbeitungspauschale nicht eingerechnet ist, wenn dies geschieht wie auf der Internetseite https://www...de, gemäß Anlage K 2,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 260 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat gemeint, die Bearbeitungspauschale sei bei den einzelnen angebotenen Produkten nicht in den anzugebenden Gesamtpreis einzurechnen, weil das Anfallen dieser zusätzlichen Kosten und ihre Höhe von dem Gesamtbestellwert abhingen. Vielmehr handele es sich um zusätzliche Lieferkosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 PAngV, die separat auszuweisen seien.
Mit Urteil vom 10. Juli 2023, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird (Bl. 67 ff. d.A.), hat das Landgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben. Der Beklagte habe seine Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises gemäß § 3 Abs. 1 PAngV verletzt. Die beim Erwerb der streitgegenständlichen Filtertüten zu einem Preis in Höhe von 14,90 EUR erhobene Bearbeitungspauschale stelle einen unvermeidbaren, vorhersehbaren und zwingend zu zahlenden Preisbestandteil dar und sei somit in den Gesamtpreis nach § 2 Nr. 3 PAngV einzubeziehen. Dass die Pauschale ab einem bestimmten Bestellwert entfalle, stehe dem nicht entgegen. Dies eröffne für den Verbraucher keine Wahlmöglichkeit; denn für den Erwerb des konkreten Artikels sei die Pauschale zwingend zu zahlen. Anderes folge auch nicht daraus, dass demgegenüber Versand- und Lieferkosten nicht in den Gesamtpreis einzurechnen seien. Im Gegensatz zu den Versandkosten handele es sich bei der Bearbeitungspauschale um dem Geschäftsmodell des Beklagten zuzurechnende Kosten, die - als Material- und Personalkosten - bei der Preiskalkulation berücksichtigt würden.
Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte weiterhin die vollständige Klagabweisung. Das Landgericht habe den verlangten Mindermengenzuschlag zu Unrecht nicht unter § 6 Abs. 2 PAngV subsumiert. Offenbar habe es übersehen, dass in dieser Regelung nicht nur Versandkosten, sondern auch sonstige Kosten aufgeführt seien. Das vom Landgericht zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm betreffe einen anderen Sachverhalt; dort habe der Verkäufer - anders als im Streitfall - nicht transparent auf den Mindermengenzuschlag hingewiesen. Hingegen habe das Oberlandesgericht Hamm nicht entschieden, dass der Mindermengenzuschlag in den Gesamtpreis e...