Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftpflicht-(Forderungs-)Versicherung bei Darlehensbetrug
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einem Haftpflichtversicherungsvertrag vereinbart, dass der Versicherer Versicherungsschutz für den Fall gewährt, dass eine versicherte Person von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung gegen den Dritten nicht durchgesetzt werden kann, sowie der Umfang des Versicherungsschutzes sich im Übrigen nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung richtet, so kommt ein Versicherungsschutz in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer einem Dritten ein Darlehen gewährt hat, dieses nicht zurückgezahlt wird, und der Versicherungsnehmer nachweist, dass der Darlehensnehmer von vornherein nicht zur Rückzahlung in der Lage und/oder willens war (Eingehungsbetrug gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 826 BGB).
2. Zur Bindungswirkung und Voraussetzungsidentität bei einem Versäumnisurteil für den späteren Deckungsprozess in einem solchen Fall.
Normenkette
VVG § 100; AHB §§ 1, 4
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.12.2008; Aktenzeichen 13 O 376/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.12.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des LG Hannover aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Haftpflichtversicherung geltend.
Zwischen den Parteien besteht ausweislich des Versicherungsscheins vom 23.4.2004 ein Vertrag über eine Haftpflichtversicherung (Bl. 10 f. d.A.). Dem Vertrag liegen die AHB (Bl. 15-18 d.A.) sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Privathaftpflicht Klassik (Bl. 19-21 d.A.) zugrunde. In Ziff. 6.1 BBR-Klassik heißt es:
"Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer und den in der Privathaftpflichtversicherung mitversicherten Personen Versicherungsschutz für den Fall, dass eine versicherte Person während der Wirksamkeit der Versicherung von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung gegen den Schädiger nicht durchgesetzt werden kann. Inhalt und Umfang der versicherten Schadensersatzansprüche richten sich nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung dieses Vertrages. Darüber hinaus besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, denen ein vorsätzliches Handeln des Schädigers zugrunde liegt ..."
Der Kläger begehrt Deckung von der Beklagten für ein nach seiner Behauptung von ihm einem H. H. gewährten Darlehen über 85.000 EUR. In einem Darlehensvertrag vom 8.12.2004 heißt es (Bl. 17 d.A. 5113 Js 4694/05 StA Frankenthal):
"Hiermit bestätige ich, H. H., Aufenthaltsort in ... E.,... 15 A, dass ich von meinem Freund P. E.,... straße 19, in ... L., 85.000 EUR (in Worten: fünfundachtzigtausend) am 8.12.2004 in bar erhalten habe. Ich bestätige durch meine Unterschrift, dass ich das Geld erhalten habe, und versichere, dass ich es bis 25.12.2004 zurückzahlen werde. Als Sicherheit verpfände ich mein Hausboot nebst Liegeplatz in H. Die Papiere wurden Herrn E. übergeben. Ich versichere, für den Fall, dass von dem Pfandrecht durch Herrn E., Gebrauch gemacht wird (für den Fall, dass ich das Darlehen nicht pünktlich zurückzahle), dass ich ihm alle Rechte an der Pfandsache verschaffen werde. Ich versichere, dass Rechte Dritter nicht bestehen. Nach Darlehensrückzahlung werden beide Originale des Vertrages vernichtet. Kopien haben keine Relevanz."
Der Kläger ist im Besitz eines sog. "Meetbrief" für ein Schiff in den Niederlanden (Bl. 16 der Strafakte). H. H. legte am 18.12.2004 vor dem AG Bad Dürkheim die Eidesstattliche Versicherung ab (Bl. 47 f. d.A.). Am 1.2.2005 erstattete der Kläger Strafanzeige gegen Herrn H. bei der Polizei in L. (vgl. Zeugenvernehmung des Klägers Bl. 9 - 15 der Strafakte). Der Kläger erhob am 11.3.2005 Klage vor dem LG Frankenthal gegen H. H. auf Rückzahlung des Darlehens (Bl. 27 - 29 d.A.). Am 21.7.2005 erging ein Versäumnisurteil über 85.000 EUR zzgl. Zinsen zu seinen Gunsten, dessen öffentliche Zustellung mangels Ermittlung des Aufenthaltsortes des H. H. bewilligt wurde (Bl. 45 f. d.A.). Ausweislich des Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG Frankenthal vom 12.9.2005 wurden die dem Kläger von H. H. zu erstattenden Kosten auf 4.957,58 EUR festgesetzt (Bl. 132 f. d.A.). Das Strafverfahren gegen H. H. wurde von der Staatsanwaltschaft gem. § 205 StPO wegen unbekannten Aufenthalts eingestellt (Bl. 171 Strafakte). Der Kläger meldete den Schaden am 12.9.2007 bei der Beklagten an (Bl. 23 f. d.A.), die einen Ersatz mit Schreiben vom 1.10.2007 und 19.11.2007 ablehnte (Bl. 30, 32 f. d.A.).
Der Kläger hat behauptet, er habe H. H. am 8.12.2004 ein Darlehen über 85.000 EUR gewährt, welches bis zum 25.12.2004 habe zurückgezahlt werden sollen (Bl. 7 f., 75, 130 f., 143-145, 158, 171 f., 182-184 d.A.). Tatsächlich se...