Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 06.05.2011; Aktenzeichen 16 O 242/10)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Beklagten sowie der Streithelfer zu 1 und 2 wird das Urteil der 16. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Hannover vom 6.5.2011 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits sowie die der Nebenintervention.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten oder die Streithelfer zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 110.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 98.721,65 EUR aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB habe. Der von dem Kläger geleistete Kaufpreis sei ohne Rechtsgrund erbracht worden, da die Parteien nie einen Kaufvertrag geschlossen hätten. Als die Beklagte zu 1 am 20.11.2007 auf das Angebot des Klägers die Annahme erklärt habe, sei dieses bereits nach §§ 147 Abs. 2 i.V.m. § 146 BGB erloschen gewesen. Am 20.11.2007 habe der Kläger nämlich trotz der in § 2 Abs. 1 seines Angebots enthaltenen Bindungsfrist nicht mehr mit einer Annahmeerklärung rechnen müssen. Die in § 2 Abs. 1 des Angebotes enthaltene Regelung sei wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen auf das vom Kläger abgegebene Angebot Anwendung finden. § 308 Nr. 1 BGB finde auch auf Vertragsabschlussklauseln Anwendung.

Dagegen richten sich die Berufungen der Beklagten sowie der Streithelfer zu 1 und 2. Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagten wiederholen und vertiefen zunächst ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend führen sie - im Einklang mit dem Berufungsvorbringen der Streithelfer - aus, hinsichtlich der Annahmefristen sei von ihnen kein vorformulierter Text verwendet worden. Vielmehr sei die Stelle des Angebotstextes, in dem das Datum, das den letzten Tag der Bindefrist an das Angebot bezeichnen sollte, nicht vorausgefüllt gewesen. Infolgedessen seien die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB vorliegend nicht anwendbar.

Die Beklagten sowie die Streithelfer zu 1 und 2 beantragen, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über den Wert des streitgegenständlichen Wohnungseigentums zum Zeitpunkt 10.10.2007. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S.

Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.

II. Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Streithelfer zu 1 und 2 haben Erfolg. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten die mit der Klage geltend gemachten Zahlungs- und Feststellungsansprüche nicht zu.

1. Das LG hat die klageweise geltend gemachten Ansprüche (zum ganz überwiegenden Teil) als nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründet angesehen und in diesem Rahmen ausgeführt, dass die in § 2 Abs. 1 des Angebotes des Klägers enthaltene Regelung wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Das greift bereits deshalb nicht durch, weil der Kläger nicht bewiesen hat, dass es sich bei der Regelung in § 2 Abs. 1 des notariellen Angebotes des Klägers vom 10.10.2007 um von den Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB handelt.

a) Hiervon ist nicht bereits schon deshalb auszugehen, weil das LG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen auf das vom Kläger abgegebene Angebot Anwendung finden würden und die Beklagten hiergegen keinen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 320 ZPO gestellt haben.

Allerdings liefert gem. § 314 Satz 1 ZPO der Tatbestand des Ersturteils den Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren. Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen" Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor. Zum Tatbestand in diesem Sinne gehören auch t...

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