Leitsatz (amtlich)
Verstirbt der Übergeber vor grundbuchrechtlicher Vollziehung des Übergabevertrages, bleibt ein durch letztwillige Verfügung angeordnetes Vermächtnis zugunsten eines Dritten unverändert bestehen, auch wenn es im Übergabevertrag inhaltlich zum Nachteil des Vermächtnisnehmers geändert worden ist.
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Aktenzeichen 2 O 275/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil der 2. Zivilkammer des LG Hildesheim vom 20.12.1996 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und unter Einbeziehung des Versäumnisurteils des Senats vom 5.2.1998 insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, eine Teilfläche des Grundstücks Gemarkung …, Flur 13, Flurstück 17/9 (jetzt 17/11 und 17/12), eingetragen im Grundbuch von … des AG …, Band 74 Blatt 2217, zur Größe von 500 qm entspr. der mit diesem Urteil verbundenen Anlage zum notariellen Testament vom 30.10.1992 (rote Umrandung auf dem Lageplan) zu vermessen, abzuschreiben und die Teilung zu bewilligen sowie das hierdurch entstehende Teilstück nebst dem Grundstück Gemarkung …, Flur 13, Flurstück 20/3, zur Größe von 597 qm, eingetragen im Grundbuch von …, Band 74 Blatt 2217, an die Klägerin aufzulassen, und zwar Zug um Zug gegen Übernahme der im Grundbuch von …, Band 74 Blatt 2217, in Abteilung III unter den laufenden Nr. 14 und 15 eingetragenen Grundschulden von 300.000 DM (zzgl. Zinsen und Nebenleistung) und von 150.000 DM (zzgl. Zinsen und Nebenleistung) sowie gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115.000 Euro wegen der im Erbvertrag vom 3.2.1993 vorgesehenen Freistellung des Beklagten von der als Folge der Eigentumsübertragung anfallenden Einkommensteuer.
Die Klage wird hinsichtlich des Klageantrags zu 11 abgewiesen.
Die Kostenentscheidung für die erste Instanz bleibt dem Schlussurteil des LG vorbehalten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu einem Drittel die Klägerin und zu zwei Dritteln der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 135.000 Euro und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.d. jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.d. jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Parteien können die Sicherheit auch in Form einer schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, erbringen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwer für die Klägerin: unter 20.000 Euro.
Beschwer für den Beklagten: über 20.000 Euro.
Tatbestand
Die Parteien sind Geschwister. Sie streiten sich über das Erbe nach ihrem am 25.12.1994 verstorbenen Vater … (Erblasser). Er war Eigentümer verschiedener Ländereien. Dazu gehörte zum einen der im Grundbuch von … Blatt 2217 eingetragene Grundbesitz zur Größe von 12,8403 ha einschl. der Hofstelle in …, …, von ca. 3.900 qm. In dem Eigentum des Erblassers standen zum anderen weitere Flächen, eingetragen in den Grundbüchern von … Blatt 1641, 2218, 2412, von … Blatt 96 und von … Blatt 214.
Unstreitig bewirtschaftet der Beklagte seit Jahrzehnten von der Hofstelle in … die einstmals im Eigentum des Erblassers gestandenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen.
Der Beklagte befürchtete zumindest seit 1985, in seiner Erberwartung hinsichtlich des Grundbesitzes durch Verfügungen des Erblassers zugunsten der Klägerin benachteiligt zu werden. In einem unter dem 30.8.1985 datierten Schriftstück (Bd. III Bl. 217 GA) erklärte der Erblasser deshalb, dass er sich verpflichte, zugunsten des Beklagten einen Erbvertrag über das Hofesvermögen zu machen; zugleich sprach die Klägerin ihren Verzicht auf Ansprüche nach §§ 12, 13 Höfeordnung aus. Zuvor hatte die Klägerin in einem handschriftlich verfassten Schriftstück vom 8.4.1983 (Bd. III Bl. 216 GA) erklärt, dass sie mit dem, was sie bis jetzt vom Hofe erhalten habe, abgefunden sei und auf Nachfindungsansprüche verzichte.
In der notariellen Urkunde vom 10.10.1985 (UR-Nr. 741/85 des Notars …) (Bd. I Bl. 80 GA) erklärte die Klägerin, dass sie sowohl ggü. dem Erblasser als auch ggü. dem Beklagten auf alle ihr zustehenden Ansprüche aus §§ 12, 13 Höfeordnung oder sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften verzichtet, nachdem festgehalten worden war, dass der Beklagte durch Vertrag oder durch Erbfolge Rechtsnachfolger des Hofesvermögens des Erblassers werden wird und mit der zwischen den drei Beteiligten getroffenen Vereinbarung vom 10.10.1985 klargestellt werden soll, dass die Klägerin keinerlei Abfindungs...