Verfahrensgang
LG Leipzig (Entscheidung vom 30.08.2000; Aktenzeichen 4 Ns 504 Js 35640/99) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30. August 2000 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Leipzig zurückverwiesen.
Gründe
I.
Am 15. März 2000 hat das Amtsgericht Leipzig den Angeklagten wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 24 a Abs. 1 Nr. 1 StVG (Führen eines Kraftfahrzeuges mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille oder mehr) zu einer Geldbuße von 500,00 DM verurteilt. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Leipzig das Urteil aufgehoben und den Angeklagten wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges nach Alkoholgenuss zu einer Geldbuße von 300,00 DM sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu der Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30,00 DM verurteilt.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision greift der Angeklagte den Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils an, soweit er wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt wurde. Er erhebt die Sachrüge und beantragt, das Urteil insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ist diesem Antrag beigetreten.
II.
Die zulässige Revision ist begründet.
1.
Zwar kann die Revision nicht schon mit ihrer Rechtsansicht, es fehle an einem gewaltsamen Widerstand, weil sich der Angeklagte allein passiv verhalten habe, durchdringen.
Indem der Angeklagte den Urteilsfeststellungen zufolge die Arme ineinander verschränkte, so dass es dem hinzugezogenen Arzt nicht möglich war, bei ihm die Blutentnahme durchzuführen, hat er sich dem sofortigen Vollzug der angeordneten Maßnahme widersetzt. Dieses Widersetzen erfolgte auch durch aktives Tun, wie das Landgericht festgestellt hat:
"Schließlich versuchte der Arzt, die Blutentnahmekanüle an einem der verschränkten Arme anzusetzen. Aber auch dies gelang nicht, weil der Angeklagte dann den betroffenen Arm heftig hinter seinen Körper steckte." (UA S. 7)
Damit war das Tatbestandsmerkmal des "sich widersetzens" bereits erfüllt. Das heftige Entziehen des Arms zur Verhinderung der Durchführung einer Blutentnahme ist ein über das bloße Nichtunterstützen hinausgehendes aktives Tätigwerden gegen die Vollstreckungsperson (Tröndle/Fischer, StGB,50. Aufl., § 113 Rdnr. 19; Schönke/Schröder - Eser, StGB, 26. Aufl., § 113 Rdnrn. 40, 44). Die strafrechtliche Ahndung dieses renitenten Verhaltens des Angeklagten scheitert jedoch, weil nicht festgestellt ist, dass der vollziehende Arzt als "Amtsträger" im Sinne der §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB tätig geworden ist.
Die Urteilsgründe treffen hierzu keine eindeutige Aussage. Es liegt jedoch nahe, dass der von den Polizeibeamten hinzugezogene Zeuge ... als freiberuflich tätiger Arzt praktiziert. Er wird, auch wenn er häufig zu Blutentnahmen und körperlichen Untersuchungen von der Polizei berufen wird, durch seine Tätigkeit allein nicht zum Amtsträger. Er könnte allenfalls dann zum Amtsträger werden, wenn er nach den einschlägigen Verpflichtungsgesetzen hierzu verpflichtet wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 b StGB; vgl. hierzu eingehend Zeiler in MDR 1996, 439 ff).
2.
Strafrechtlich relevant ist allein das verweigernde Verhalten des Angeklagten gegen den im Wege einfacher körperlicher Gewalt ausgeübten unmittelbaren Zwang der Polizeibeamten. Hierzu hat das Landgericht festgestellt:
"... Auf die mehrfachen freundlichen Aufforderungen des Arztes reagierte er nicht. Die Polizeibeamten versuchten daraufhin, gewaltsam die verschränkten Arme zu lockern und einen Arm zu strecken. Es gelang ihnen nicht. Der Angeklagte drückte die Arme so stark an den Körper, dass die Polizeibeamten ihre Versuche schließlich aufgaben. Denn der Angeklagte hatte sich jedes Mal, wenn es den Beamten gelungen war, einen Arm etwas zu lockern, wieder losgerissen und den Arm wieder an den Oberkörper geklemmt. Dabei drehte er sich jeweils heftig von den Beamten, die seinen Arm lösen wollten, weg. ... Die Polizeibeamten entschlossen sich jetzt, den Angeklagten vom Stuhl zu ziehen und auf den Boden zu legen. Dies taten sie dann auch. Sie legten ihn mit dem Bauch auf den Boden und bogen seine Arme auf den Rücken. Auch dagegen wehrte sich der Angeklagte. Er strampelte und wandt sich so kräftig, dass es des Einsatzes von vier Polizeibeamten bedurfte, um den sich mit seiner ganzen Kraft windenden und sich streckenden Angeklagten festzuhalten. Erst jetzt war es dem Arzt möglich, dem Angeklagten Blut zu entnehmen. ..."
(UA S. 7)
Diesen tatsächlichen Feststellungen ist die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Diensthandlung, die gerade in der Ausübung des unmittelbaren Zwangs bestand, nicht zu entnehm...