Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert für die Übersendung von Fotokopien aus einer Patientenakte beträgt höchstens 20% des Wertes einer beabsichtigten Haftungsklage; dabei ist auf die Vorstellung des Patienten abzustellen.

2. Für Schadensersatzklage aus der geschlossenen Unterbringung auf der Grundlage des SächsPsychKG ist allein der Freistaat Sachsen passivlegitimiert.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 6 O 800/17)

 

Tenor

I. Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe sowohl für die mit Schriftsatz vom 14.11.2017 erhobene als auch für die mit Schreiben vom 3.11.2017 angekündigte Berufung zu bewilligen, wird abgelehnt.

II. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers nach § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen.

IIII. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.2.2018 wird aufgehoben.

 

Gründe

I. 1. Der Kläger begehrt die Herausgabe von Kopien seiner Behandlungsunterlagen. Er war in der Zeit vom 10.4. bis 22.4.2014 auf der Grundlage eines Beschlusses des AG Dresden - Betreuungsgericht - vom 11.4.2014 nach §§ 10 Abs. 2, 17 SächsPsychKG im Klinikum der Beklagten geschlossen untergebracht. Ab dem 23.4.2014 war er auf einer offenen Station untergebracht, nachdem er in einer Anhörung vor dem Betreuungsgericht angegeben hatte, sich dort behandeln lassen zu wollen. Am 25.4.2014 verließ er eigenmächtig die Klinik. Einen vorprozessual gestellten Antrag auf Übersendung seiner Patientenakte hat die Beklagte abgelehnt. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht einen Anspruch auf Überlassung von Fotokopien aus den Behandlungsunterlagen in offener und teilanonymisierter Form abgelehnt. Auf den Inhalt und die Gründe dieses Urteils nimmt der Senat Bezug. Das Urteil ist seinem Prozessbevollmächtigten am 24.10.2017 zugestellt worden. Mit am 3.11.2017 eingegangenem Schreiben hat er zunächst selbst Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung geltend gemacht. Mit am 16.11.2017 beim Oberlandesgericht eingegangener Berufung begehrt er - nunmehr anwaltlich vertreten - Prozesskostenhilfe für den Antrag,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Fotokopien über die von ihr gefertigte Behandlungsdokumentation betreffend die Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 23.4.2014 bis 25.4.2014 Zug-um-Zug gegen die Erstattung hierfür anfallender Kopier- und Versendungskosten herauszugeben.

Er vertritt die Auffassung, die Unterbringung in diesem Zeitraum sei allein auf privatrechtlicher Grundlage erfolgt, nachdem der Unterbringungsbeschluss aufgehoben worden sei. Bei der Verwahrung von Unterlagen handele es sich um einen selbständigen Anspruch, der nicht den Regeln über die Amtshaftung folge. Die Begründung für die Ablehnung eines Akteneinsichtsrechts sei unzulänglich: Weder sei eine Perpetuierung seines Krankheitsbildes zu befürchten noch bestehe eine Gefährdung Dritter. Aus seinem "Recht auf Krankheit" und dem verfassungsrechtlichen Schutz der informationellen Selbstbestimmung folge ein Anspruch auf Herausgabe von Fotokopien, wobei Schwärzungen der Namen Dritter und von Therapeuten hingenommen würden.

II. 2. Der Senat beabsichtigt, die bislang allein auf den Zeitraum 23.4.-25.4.l2017 bezogene Berufung gem. § 522 Abs. 1 ZPO wegen Nichterreichens der Berufungssumme (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zu verwerfen. Prozesskostenhilfe kann dem Kläger weder für diesen Zeitraum noch für den Zeitraum 10.4. bis 22.4.2014 bewilligt werden.

a) Die angekündigte Berufung auf Herausgabe von Kopien der für den Zeitraum 10.4. bis 22.4.2014 erstellten Behandlungsdokumentation, hätte zum einen wegen der entgegenstehenden Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

aa) Der Kläger hat zwar seinen von ihm selbst eingereichten Prozesskostenhilfeantrag vom 02.11.2017 zunächst vollumfänglich gegen das Urteil des Landgerichts gerichtet, ihn jedoch nachfolgend auf den Zeitraum vom 23.04. bis 25.04.2014 beschränkt. Das durch seinen Prozessbevollmächtigen noch innerhalb der laufenden Berufungsfrist eingelegte und begründete Rechtsmittel stellt eine wirksame Berufung dar, Anhaltspunkte dafür, dass es nur unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden sollte, sind nicht ersichtlich. Die Berufung ist bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 27.12.2017auch nicht mehr erweitert worden.

bb) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO wegen Versäumung der Berufungsfrist hinsichtlich der Akteneinsicht für den Behandlungszeitraum vom 10.04. bis 23.04.2014 kommt nicht in Betracht. Versäumt eine mittellose Partei die Frist zur Begründung der Berufung, kann ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bewilligt werden, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist (vgl. BGH, Beschl. vom 29.03.2012 - IV ZB 16/11; vgl. Beschl. vom 25.10.2017 - XII ZB 251/17). Dafür ist hier nichts ersichtlich, denn die Berufungsbegründung wurde noch innerhalb der Berufungsfrist eingereicht. Wurde das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt, setzt die Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Begründungsrist vorau...

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