Leitsatz (amtlich)
1. Ein Franchisevertrag ist ein Ratenlieferungsvertrag im Sinne von § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Ist die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlerhaft, kann er innerhalb von zwölf Monaten und 14 Tagen widerrufen werden.
2. An der haftungsausfüllenden Kausalität eines Anwaltsverschulden fehlt es, wenn infolge dessen zwar das Prozessziel verfehlt wird, die Forderung aber wegen Vermögenslosigkeit des in Anspruch Genommenen ohnehin nicht hätte durchgesetzt werden können.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1526/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 02.10.2019 - 3 O 1526/19 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Sie begehrt von der beklagten Rechtsanwaltsgesellschaft Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Erfüllung eines Auftrages. Sie hat die Beklagte 2016 mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der Firma H ... UG - mit der sie einen Franchisevertrag abgeschlossen hatte - beauftragt. Die Beklagte erklärte im Namen der Klägerin mit Schreiben vom 10.11.2016 (Anlage K3 im Verfahren vor dem Landgericht Halle 3 O 38/17) die Anfechtung und den Rücktritt des am 14.03.2016 abgeschlossenen Franchisevertrages (Anlage K1). Nachdem die Firma H ... UG nicht zur Rückabwicklung bereit war, beantragte die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.05.2017 für die Klägerin vor dem Landgericht Halle Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von 29.750,00 EUR und Feststellung, dass der bestehende Franchisevertrag nichtig sei. Sie stützte ihre Begründung im Wesentlichen auf die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (Landgericht Halle 3 O 38/17). Das Landgericht Halle hat den Antrag mit Beschluss vom 03.07.2017 zurückgewiesen, die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgerichts Naumburg mit Beschluss vom 10.11.2017 zurückgewiesen. Über das Vermögen der Firma H ... UG wurde mit Beschluss vom 22.01.2018 (Amtsgericht Halle - 59 IN 630/17) das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Landgericht Leipzig hat den Antrag mit Beschluss vom 02.10.2019 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II. Die am 13.11.2019 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den ihr am 14.10.2019 zugestellten Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 02.10.2019 ist statthaft und zulässig, §§ 127, 567 ff. ZPO. Sie ist allerdings nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.
Die Klage gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Anwaltsvertrages gemäß §§ 280, 611 BGB bietet keine Aussicht auf Erfolg.
1. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagten ihre Pflicht aus dem Anwaltsvertrag im Vorprozess verletzt haben, da sie die Klage nicht auf einen Widerruf des Franchisevertrages gemäß §§ 355, 356 c, 510, 513 BGB gestützt haben.
Der Klägerin stand ein Widerrufsrecht zu, da es sich bei dem Franchisevertrag um einen Ratenlieferungsvertrag im Sinne von § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.1994 - VIII ZR 46/94 - juris; Westermann in Ehrmann, 15. Aufl. 2017, § 510, Rdnr. 18 - juris). Der Franchisevertrag hatte eine Laufzeit von fünf Jahren, und die Klägerin war verpflichtet, eine Lizenzgebühr von 5.000,00 EUR zu zahlen (Ziffer 9.1 des Vertrages) und die Grundausstattung von der Firma H ... zu erwerben (Ziffer 5.2 des Vertrages). Darüber hinaus verpflichtete sich die Klägerin, von der Firma H ... sämtliche Betriebsartikel zu erwerben (Ziffer 4. des Vertrages). Die Klägerin war vor Vertragsabschluss nicht gewerblich tätig, so dass für sie als Existenzgründerin (§ 513 BGB) § 510 BGB Anwendung fand.
Die Klägerin hat den Franchisevertrag wirksam mit Anwaltsschreiben vom 10.11.2016 (Anlage K3 im Verfahren 3 O 38/17 Landgericht Halle) widerrufen. In dem Schreiben ist zwar nur von "Rücktritt" und "Anfechtung" die Rede, jedoch hat die Klägerin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vertrag von Anfang an nicht gegen sich gelten lassen will. Dies genügt (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2017 - I ZR 198/15 - juris). Die Widerrufsfrist von zwei Wochen gemäß § 355 Abs. 2 BGB war noch nicht abgelaufen, da es an einer ausreichenden Widerrufsbelehrung fehlt. In dem Franchisevertrag wird über eine Widerrufsfrist von einer Woche belehrt (Bl. 43 im Verfahren 3 O 38/17 des Landgerichts Halle). Daher beträgt die Widerrufsfrist gemäß § 356 c Abs. 2 BGB zwölf Monate und 14 Tage. Bei dem am 14.03.2016 abgeschlossenen Franchisevertrag, war dieser Zeitpunkt am 10.11.2016 noch nicht abgelaufen.
Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagten es verabsäumt haben, in ihrem Klageentwurf die Klageforderung auch auf diesen Gesichtspunkt zu stütze...