Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Teilungsversteigerung der (ehemaligen) Ehewohnung vor Rechtskraft der Ehescheidung.
Verfahrensgang
AG Chemnitz (Aktenzeichen 1 F 992/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Chemnitz vom 09.03.2021 (Az. 1 F 992/20) wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird wegen der Frage zugelassen, ob bis zur Rechtskraft der Scheidung eine Teilungsversteigerung der Ehewohnung stets unzulässig ist.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit einer Teilungsversteigerung.
Antragstellerin und Antragsgegner sind Eheleute. Sie heirateten am ...1993 und trennten sich am ...2016. Das Scheidungsverfahren ist beim Amtsgericht Chemnitz - Familiengericht - unter dem Aktenzeichen 1 F 102/18 anhängig. Es dauert aufgrund streitiger Folgesachen an, nach den Ausführungen des Familiengerichts im angegriffenen Beschluss ist mit einem Abschluss erst nach "längerer Zeit" zu rechnen. Der Scheidungsantrag des Antragsgegners wurde am 10.02.2018 zugestellt; die Antragstellerin hat am 14.02.2018 Scheidungsantrag gestellt. Die Zugewinngemeinschaft haben die Beteiligten am 23.01.2020 beendet.
Die Beteiligten sind hälftige Miteigentümer des 2.261 m2 großen Grundstücks xxx, eingetragen beim Grundbuchamt des Amtsgerichts xxx im Grundbuch von O1, Blatt ..., Flurstück .... Es ist bebaut mit einem von der Antragstellerin bewohnten Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von insgesamt 202 qm, in dem sich eine ungenutzte Einliegerwohnung befindet. Der Verkehrswert dieses Hauses und des Grund und Bodens wurde in einem von der Antragstellerin beauftragten Gutachten im Jahr 2017 auf 248.000,00 EUR geschätzt (Bl. 33 ff. d.A.). Das Grundstück ist zusätzlich mit einem weiteren Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 126 qm bebaut, das leer steht und dessen Verkehrswert derselbe von der Antragstellerin beauftragte Gutachter im Jahr 2017 auf (weitere) 115.000,00 EUR geschätzt hat (Bl. 49 ff. d.A.). Von November 1994 bis zur Trennung wohnten die Eheleute auf dem Grundstück. Die auf dem Grundstück lastenden Darlehensverbindlichkeiten, die derzeit mit ca. 150.000,00 EUR valutieren, bedient die Antragstellerin allein. Die Beteiligten können sich über die Auseinandersetzung des Grundbesitzes nicht einigen.
Der Antragsteller stellte am 24.08.2020 beim Amtsgericht Chemnitz den Antrag, das Grundstück zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft versteigern zu lassen. Mit Beschluss vom 25.08.2020 (Az.: 27 K 406/20) wurde die Zwangsversteigerung angeordnet. Den Antrag der Antragstellerin, das Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 180 Abs. 2 ZVG einzustellen, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30.09.2020 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 02.09.2020 beantragte die Antragstellerin, die Zwangsvollstreckung des Antragsgegners zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft betreffend das gemeinsame Grundstück der Beteiligten in ..., eingetragen beim Grundbuchamt des Amtsgerichts xxx im Grundbuch von O1, Blatt ..., Flurstück ..., für unzulässig zu erklären. Nachdem nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens und Zustellung der Antragsschrift an den Antragsgegner durch diesen keine Reaktion erfolgte und er auch in der Verhandlung vom 03.11.2020 säumig blieb, erging auf Antrag der Antragstellerin vom 28.10.2020 am 05.11.2020 Versäumnisbeschluss. Gegen diesen legte der Antragsgegner rechtzeitig Einspruch ein.
Mit Schreiben vom 15.12.2020 beantragte die Antragstellerin die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Das Amtsgericht Chemnitz - Familiengericht - hat die Zwangsvollstreckung daraufhin mit Beschluss vom 18.01.2021 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass ihr gemäß § 1361 b BGB ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht. Eine Teilungsversteigerung des Familienheims vor Rechtskraft sei unzulässig, da sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ein Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe ergebe. Die Regelungen über die Zuweisung der Ehewohnung während des Getrenntlebens (§ 1361b BGB, § 200 ff. FamFG) würden gegenüber Herausgabeansprüchen aus anderen Rechtsgründen eine Sperrwirkung entfalten und die Ehewohnung ihren Charakter bis zur Rechtskraft der Scheidung nicht verlieren. Die Antragstellerin beruft sich dafür auf eine Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss vom 28.07.2018, Az.: 1 UF 163/16).
Vorsorglich hat die Antragstellerin gegenüber dem Familiengericht damit argumentiert, dass ihr Interesse an der Verhinderung der Zwangsvollstreckung das Interesse des Antragsgegners an deren Durchführung überwiege. Es sei von einer langen Ehedauer auszugehen, die B...