Leitsatz (amtlich)
Auch die Verweisung eines selbständigen Beweisverfahrens entfaltet entsprechend § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO Bindungswirkung (entgegen OLG Zweibrücken OLGReport 1998, 181 und OLG Celle OLGReport 2005, 253).
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 17 OH 9919/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Sache wird gemäß § 36 Abs. 3 ZPO dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Die seit jeher in Nürnberg ansässige Antragstellerin, die sich als Eigentümergemeinschaft bezeichnet, schloss im August 1995 als damals offenbar aus neun Personen bestehende "Bauherrengemeinschaft" mit der T.............. GmbH (wohl aus Botropp) als Auftragnehmerin einen Vertrag zur schlüsselfertigen Errichtung einer Wohnanlage in der Nähe von L....... Mitte 2009 reichte sie beim Landgericht Leipzig einen Antrag auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens wegen vermeintlicher Baumängel der Wohnungsbalkone ein. Die Antragsschrift wurde der Antragsgegnerin, der in Bottrop ansässigen Rechtsnachfolgerin der Auftragnehmerin, am 28.08.2009 zugestellt. Nach deren Zuständigkeitsrüge unter Hinweis auf Nr. 14 des Bauvertrages ("Erfüllungsort und Gerichtsstand ist für beide Teile Nürnberg.") beantragte die Antragstellerin am 21.09.2009 die Verweisung an das Landgericht Nürnberg-Fürth und vertrat dabei die Auffassung, es liege eine gemäß § 29 Abs. 2 ZPO wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vor. Mit Schriftsatz vom 01.10.2009 stützte sie die erbetene Verweisung ergänzend auf eine nachträglich am 24./28.09.2009 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung der Streitparteien und auf § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Nachgeheftet findet sich in der Akte ein Telefax der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 23.09.2009, mit dem diese der Einzelrichterin des Landgerichts "- wie soeben telefonisch besprochen - den Beschluss des BGH vom 27.05.2008" (NJW-RR 2008, 1309) zur Kenntnisnahme übermittelt hatten. In dem weiteren Schriftsatz vom 05.10.2009 brachte die Antragsgegnerin ihre Erwartung einer Verweisung aufgrund der am 24./28.09.2009 gefassten Gerichtsstandsvereinbarung gemäß § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zum Ausdruck.
Mit Beschluss vom 26.10.2009 hat sich das angerufene Gericht für örtlich unzuständig erklärt und die Sache "an das nach der Gerichtsstandsvereinbarung der Verfahrensbeteiligten vom 24./28.09.2009 gemäß § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO örtlich zuständige Landgericht Nürnberg-Fürth" verwiesen. Dieses hat sich nach Anhörung der Parteien und gegen den erklärten Widerspruch der Antragstellerin mit Beschluss vom 14.12.2009, auf den verwiesen wird, seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Dresden zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.
II. Das Bestimmungsverfahren ist dem Bundesgerichtshof zur abschließenden Entscheidung vorzulegen.
1. An sich liegen die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung durch den erkennenden Senat entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO vor.
In dem negativen Kompetenzkonflikt ist das Oberlandesgericht Dresden als das dem zuerst mit der Sache befassten Landgericht Leipzig übergeordnete Oberlandesgericht zuständig. Nach allgemeiner Ansicht greift § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entsprechend auch in selbständigen Beweisverfahren gemäß §§ 485 ff. ZPO ein (zuletzt etwa OLG Schleswig OLGR 2009, 828). Alle weiteren Bestimmungsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Antragsschrift wurde der Antragsgegnerin ordnungsgemäß zugestellt. Beide beteiligten Gerichte haben sich nach Anhörung der Parteien mit jeweils bekannt gemachtem Beschluss unanfechtbar, also "rechtskräftig" für unzuständig erklärt.
2. Der Senat möchte das Landgericht Nürnberg-Fürth als örtlich (und sachlich) zuständig bestimmen, weil der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Leipzig Bindungswirkung entsprechend § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO entfaltet. An einer solchen Entscheidung ist er durch den Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28.05.1997 - 2 AR 15/97 (OLGR 1998, 181) gehindert, in dem dieses, ebenfalls im Rahmen von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, das dort ursprünglich angerufene Gericht, welches ein selbständiges Beweisverfahren "auf entsprechenden Antrag gemäß § 281 ZPO" verwiesen hatte, als zuständiges Gericht bestimmt, dabei die Anwendbarkeit des § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO (damals S. 5) auf in selbständigen Beweisverfahren ergangene Verweisungsbeschlüsse generell verneint und deshalb - anders als etwa das ihm im Ausgangspunkt folgende Oberlandesgericht Celle (OLGR 2005, 253, 254 f.), welches bei dem dort gegebenen Sachverhalt zugleich eine willkürliche Verweisung bejaht hat - ausdrücklich offen gelassen hat, ob die Verweisung nach Lage jenes Falles aus sonstigen Gründen, insbesondere wegen objektiver Willkür, bindender Wirkung entbehrte. Wegen dieser entscheidungserheblichen Divergenz in einer Rechtsfrage ist die Sache gemäß § 36 Abs. 3 S. 1 ZPO dem Bundesgerichtshof vorzulegen.
a) Ohne bindende Verweisung käme mindestens in Betracht, das ursprünglich angerufene Landg...