Leitsatz (amtlich)
Dem im Auslieferungsverfahren nach § 40 Abs. 2 IRG bestellten Beistand steht für die Teilnahme an der Anhörung des Verfolgten (§ 28 IRG) keine Terminsgebühr nach Nr. 6101 VV RVG zu. Die Anhörung stellt keine Verhandlung im Sinne der Nr. 6101 VV RVG dar.
Tenor
Die Erinnerung von Rechtsanwältin vom 29. Januar 2007 gegen die Vergütungsfestsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Januar 2007 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Senat hatte gegen den Verfolgten am 15. Januar 2007 aufgrund eines Europäischen Haftbefehls die Auslieferungshaft zum Zwecke der Auslieferung an die Italienische Republik angeordnet. In dem Auslieferungsverfahren war Rechtsanwältin durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 16. Oktober 2006 gemäß § 40 Abs. 2 IRG zum Pflichtbeistand bestellt worden. Rechtsanwältin hatte den Verfolgten nach vorheriger Genehmigung in der Justizvollzugsanstalt Dresden besucht und mit ihm das weitere Vorgehen besprochen. Sodann hatte sie am 03. Januar 2007 an der gemäß § 28 IRG durchgeführten Anhörung des Verfolgten vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dresden teilgenommen. In dieser Anhörung erklärte sich der Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstanden.
Am 04. Januar 2007 beantragte Rechtsanwältin die Festsetzung der entstandenen Gebühren und Auslagen. Dabei machte sie eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 6100 VV RVG in Höhe von 264,00 EUR und eine Terminsgebühr gemäß Nr. 6101 VV RVG in Höhe von 356,00 EUR geltend.
Am 18. Januar 2007 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Dresden von der an Rechtsanwältin zu zahlenden Vergütung die geltend gemachte Terminsgebühr abgesetzt. Der Gebührentatbestand gemäß Nr. 6101 VV RVG erfasse eine Terminsgebühr je Verhandlungstag nach §§ 30 ff. IRG. Für die bloße Mitwirkung bei einer Vernehmung außerhalb der mündlichen Verhandlung oder bei einer anderen Beweiserhebung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter außerhalb der mündlichen Verhandlung des Spruchgerichts entstehe keine Gebühr.
Dagegen richtet sich Rechtsanwältin mit der Erinnerung. Es habe sich nicht um eine bloße Mitwirkung an einer Vernehmung außerhalb der mündlichen Verhandlung gehandelt, sondern um ein Auslieferungsverfahren, das von besonderer Kompliziertheit gekennzeichnet gewesen sei. Der Anhörung vor der Ermittlungsrichterin sei noch eine besondere Besprechung mit dem Verfolgten in der Justizvollzugsanstalt vorausgegangen. Hier habe dem Betroffenen erläutert werden müssen, welche Rechtsfolgen für ihn bei einer entsprechenden Entscheidung in Betracht kämen, wenn er seine Einwilligung zur Auslieferung gäbe. Dieses Verfahren sei mit einer Mitwirkung an einer Vernehmung nicht vergleichbar.
Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II.
Über die gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässige Erinnerung entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Richtern, nachdem der Einzelrichter die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung mit Beschluss vom heutigen Tag dem Senat übertragen hat (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).
Die Erinnerung erweist sich als unbegründet.
Rechtsanwältin kann für die Teilnahme an der Anhörung vor dem Ermittlungsrichter am 03. Januar 2007 keine Gebühr gemäß Nr. 6101 VV RVG beanspruchen. Die Gebühr gemäß Nr. 6101 VV RVG ist eine Terminsgebühr, die "je Verhandlungstag" entsteht. Darunter ist die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht gemäß § 33 Abs. 3, 31 IRG zu verstehen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg AGS 2006, 290; OLG Hamm StraFO 2006, 259).
Die Teilnahme des Beistandes an der Anhörung gemäß § 28 IRG reicht demgegenüber nicht zur Erfüllung des Gebührentatbestandes der Nr. 6101 VV RVG aus. Die Anhörung gemäß § 28 IRG in einem Auslieferungsverfahren im Verhältnis zu einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass der anhörende Richter verschiedenen Belehrungspflichten nachzukommen hat (§§ 28 Abs. 2 Satz 2; 41 Abs. 4; 79 Abs. 2 Satz 4 IRG). Nach diesen Belehrungen gibt der Verfolgte Erklärungen ab, die wegen ihrer Unwiderruflichkeit weitreichende Rechtsfolgen für ihn haben können. Insoweit ist Rechtsanwältin darin zuzustimmen, dass deshalb eine besondere Besprechung mit dem Betroffenen notwendig war. Gleichwohl wurde in dem Anhörungstermin nicht verhandelt; es bestand aus Rechtsgründen auch kein Verhandlungsbedarf. Denn eine Prüfung des Tatverdachts ist im Auslieferungsrecht grundsätzlich nicht vorgesehen; es wird nur eine formelle Prüfung vorgenommen.
Die Teilnahme an dem Anhörungstermin im Zusammenhang mit der damit vorhergehenden Besprechung könnte deshalb nur bei der Prüfung der Frage von Bedeutung sein, ob dem Beistand eine Pauschgebühr gemäß § 51 Abs. 1 RVG wegen des besonderen Umfangs zuzuerkennen sein müsste. Eine solche Pauschgebühr erschiene dem Senat in Höhe einer weiteren Verfahrensgebühr gemäß Nr. 6100 VV RVG angemessen.
III.
Eine Entscheidung übe...