Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Zustellung eines Versäumnisurteils durch Postzustellungsurkunde nachgewiesen, kann der Gegenbeweis nicht mit der bloßen Versicherung, das Schriftstück gleichwohl nicht erhalten zu haben, geführt werden.
2. Liegt der Versäumung einer Rechtsmittelfrist ein Büroversehen zugrunde, geht es zu Lasten der Partei, wenn sich die Ursache dieses Büroversehens und die Verantwortlichkeit des Rechtsanwalts hierfür nicht aufklären lässt.
Hinweis:
Mit Beschluss vom 3. April 2019 wurde die Berufungsklägerin des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1827/17) |
Tenor
I. Der Kläger erhält Gelegenheit, zum Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 04.03.2019 binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
II. Die Beklagte wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Der Senat beabsichtigt, - vorbehaltlich der Stellungnahme der Klägerseite - dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zwar stattzugeben, jedoch die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO (wegen ihrer Unbegründetheit) zurückzuweisen.
2. Die Beklagte erhält Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten zwar nicht als unzulässig, jedoch nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss mangels Begründetheit zurückzuweisen. Denn die Berufung bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat zu Recht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der Einspruchsfrist zurückgewiesen und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 04.09.2018 verworfen.
1. Die Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung einer Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels setzt voraus, dass die Frist versäumt ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16.01.2007, Az.: VIII ZB 75/06 - juris). Dies ist hier bezogen auf die Einspruchsfrist der Fall (a), allerdings ist der Wiedereinsetzungsantrag wegen der Versäumung der Einspruchsfrist weder zulässig noch begründet (b).
a) Das Versäumnisurteil ist der Beklagten durch Zustellung an ihren vormaligen Prozessbevollmächtigten wirksam zugestellt worden (§§ 178 Abs. 1, 180 ZPO), so dass die Einspruchsfrist in Lauf gesetzt worden ist.
Die wirksame Zustellung des Versäumnisurteils folgt aus der Postzustellungsurkunde vom 07.09.2018.
Die Postzustellungsurkunde erbringt nach § 182 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis für die in der Urkunde bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde erstreckt sich bei der Ersatzzustellung insbesondere darauf, dass der Zusteller unter der angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme der Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat und, dass er die Sendung in den Briefkasten an dem angegebenen Tag eingelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17.05.2018, Az.: V ZB 258/17 - juris; BGH, Beschluss vom 02.12.2015, Az.: I ZB 75/15 - juris; KG, Urteil vom 26.05.2005, Az.: 8 U 30/05 - juris). Die Postzustellungsurkunde hat den Beweiswert einer öffentlichen Urkunde gemäß § 418 ZPO, auch wenn sie nicht von einer öffentlichen Stelle, sondern von einem Postunternehmen ausgestellt worden ist (vgl. BGH, 17.05.2018, a.a.O.). Der durch die Postzustellungsurkunde erbrachte Beweis kann nur durch den Gegenbeweis entkräftet werden (§ 418 Abs. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 06.12.2004, Az.: AnwZ (B) 92/03 - juris). Die bloße Versicherung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben, genügt dafür jedoch nicht (vgl. BGH, 06.12.2004, a.a.O.). Ein derartiger Beweisantritt verlangt vielmehr seinerseits den Nachweis eines anderen Geschehensablaufs. Es müssen daher Umstände dargelegt und bewiesen werden, die ein Fehlverhalten des Postzustellers bei der Zustellung und damit eine Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2015, a.a.O; BGH, Beschluss vom 28.07.1999, Az. VIII ZB 3/99 - juris; BVerwG, NJW 1986, 2117; KG, a.a.O.; Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 418, Rz. 3 f.). Diesen Beweis hat die Beklagte jedoch bereits nicht angetreten. Denn es fehlt - worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen hat - an der dafür erforderlichen Darstellung von Umständen, aus denen sich die Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen ergibt.
b) Der Beklagten war jedoch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Eins...