Leitsatz (amtlich)
1. An den Vortrag des Patienten, der einen Hygieneverstoß behauptet, sind nur maßvolle Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist aber jedenfalls die Behauptung unterdurchschnittlicher hygienischer Zustände, die konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß bieten. Die Behauptung des Patienten, von einer Krankenschwester gehört zu haben, es gebe in der Einrichtung "besonders viele Keiminfektionen", reicht hierfür nicht aus.
2. Eine Beweislastumkehr kommt nur dann in Betragt, wenn feststeht, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich stammt; allein das Auftreten einer Infektion stellt demgegenüber keinen Anhaltspunkt für einen haftungsbegründenden Mangel dar.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 6 O 935/18) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht hat das Landgericht gestützt auf die sachverständigen Ausführungen von Prof. Dr. C... die von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche sowie die Feststellung der Einstandspflicht für Schäden verneint. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die behandelnden Ärzte der Beklagten hätten ihrem Wunsch nach einer primären Sectio nachkommen müssen. Eine zwingende, zur Fehlerhaftigkeit einer vaginalen Geburt führende Indikation zur Durchführung einer primären Sectio hat der Sachverständige überzeugend verneint. Denn besonders schwerwiegende psychische Probleme, die die Durchführung einer primären Sectio erfordert hätten, liegen dem Sachverständigen zufolge nur dann vor, wenn die Schwangere "komplett außer sich" und suizidal ist. Dass sich die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt während ihrer stationären Aufenthalte bei der Beklagten in einem solchen Zustand befunden hätte, sei den Behandlungsunterlagen und auch dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen. Die von der Klägerin geschilderte panische Angst vor der Geburt rechtfertige nur die Annahme einer relativen Indikation. Zudem sei es Aufgabe des behandelnden Frauenarztes und der Hebamme, bestehende Ängste vor einer natürlichen Geburt zu bekämpfen und der Schwangeren Hilfestellung zu leisten. Der Umstand, dass sich die Klägerin auch nach der Erstvorstellung im Hause der Beklagten am 24.05.2017 nicht an einen Psychologen gewandt hat, spricht ebenfalls nicht für derart schwerwiegende psychische Probleme, dass eine primäre Sectio erkennbar zwingend indiziert gewesen wäre. Dies gilt auch für die weiteren von der Klägerin geschilderten Symptome wie Gewichtsverlust, Angst vor einer Trisomie 21 - Erkrankung des Kindes und der - unzutreffende Verdacht auf das Vorliegen eines Helpp-Syndroms.
Auch die weitere Rüge der Klägerin, die behandelnden Ärzte hätten sie darauf hinweisen müssen, dass sie keine Wunsch-Sectio durchführen würden, greift nicht durch. Nach ihrem eigenen Vortrag hat sie bereits anlässlich ihrer ambulanten Vorstellung im Hause der Beklagten am 24.05.2017 den Wunsch nach einer primären Sectio geäußert, der von den behandelnden Ärzten der Beklagten mit dem nach den gutachterlichen Ausführungen zutreffenden Hinweis auf die fehlende zwingende Indikation abgelehnt worden sei. Eine darüber hinausgehende Pflicht der behandelnden Ärzte der Beklagten, die Klägerin dahingehend zu beraten, dass sie in anderen Geburtshilfeeinrichtungen möglicherweise eine Wunsch-Sectio durchführen lassen könne, bestand schon mangels aufklärungspflichtiger Behandlungsalternative nicht. Vor diesem Hintergrund kann auch offenbleiben, ob der erstmals zweitinstanzlich erhobene Vorwurf eines Aufklärungsfehlers ohnehin nicht wegen Verspätung zurückzuweisen ist.
2. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg, soweit die Klägerin den Vorwurf erhebt, eine später festgestellte Infektion mit diversen pathogenen Keimen sei auf den standardwidrigen Aufenthalt in einem nicht auf der Wöchnerinnenstation gelegenen Familienzimmer bei der Beklagten zurückzuführen.
a) Das Landgericht hat sich zur Beurteilung der Behandlungsfehlerhaftigkeit des Vorgehens zu Recht auf die Sachkunde eines gynäkologischen Gutachters gestützt. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Hygienefragen, wie von der Klä...