Verfahrensgang

LG Dresden (Beschluss vom 28.09.2006; Aktenzeichen 14 O 3165/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.12.2007; Aktenzeichen IX ZB 223/06)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Dresden vom 28.9.2006 (14 O 3165/05; 10 U 671/06) geändert.

Der Antrag des Beklagten auf Festsetzung der Kosten zweiter Instanz wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Wert der Beschwerde: 642,60 EUR

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte für das Berufungsverfahren die Festsetzung der Kosten einer "reduzierten" Verfahrensgebühr (nebst Auslagenpauschale) verlangen kann.

Der Beklagte ist - beim Berufungsgericht zugelassener - Rechtsanwalt. Die Klägerin hat ihn, wegen angeblicher Verletzung anwaltlicher Pflichten, auf Zahlung von 15.435,96 EUR in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat dieses Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung angefochten und zugleich erklärt, dass dies lediglich zur Fristwahrung erfolge und noch nicht klar sei, ob die Berufung durchgeführt werde (GA 83 f.). Sie hat die Berufung sodann, innerhalb der Frist zu deren Begründung, zurückgenommen (GA 86). Das Berufungsgericht hat ihr in der Folge die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt und den Streitwert auf 15.435,96 EUR festgesetzt (GA 87).

Vor dem LG wurde der Beklagte von den Rechtsanwälten A. vertreten. Diese hatten dem Klägervertreter bestätigt, dass sie sich vorerst beim Berufungsgericht nicht bestellen werden (GA 112).

Zu den Kosten zweiter Instanz hat der Beklagte 642,60 EUR zur Festsetzung beantragt (Verfahrensgebühr nach RVG-VV 3201 zzgl. Auslagenpauschale; GA 109 f.). Er habe sich im Berufungsverfahren selbst vertreten und dort - vor Rücknahme der Berufung - seinen Haftpflichtversicherer informiert.

Die Rechtspflegerin hat diesem Antrag entsprochen. Gegen deren Beschluss vom 28.9.2006 (GA 120 ff.) richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der sie vorbringt, der Beklagte sei auch im Berufungsverfahren von den Rechtsanwälten A. vertreten worden, so dass deren Zusicherung, sich vor dem Berufungsgericht nicht bestellen zu wollen, einer Festsetzung der Kosten entgegenstehe.

Der Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten und hat u.a. darauf verwiesen, dass die Klägervertreter in der Rechtssache, die Grundlage seiner angeblichen Pflichtverletzung sei, den Gegner der Klägerin vertreten haben.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig, namentlich zeitgerecht eingelegt. Der angefochtene Beschluss wurde den Klägervertretern nicht vor dem 28.9.2006 zugestellt (GA 123). Die Frist zur Einlegung der Beschwerde lief demnach frühestens am 12.10.2006 ab (§ 569 Abs. 2 ZPO). An diesem Tag ist die Beschwerde per Fax beim LG eingegangen (GA 124). Das vom Beklagten bemühte Tätigkeitsverbot des Klägervertreters nach §§ 43a Abs. 4 BRAO, 3 BORA ändert an der Zulässigkeit des Rechtsmittels nichts. Insofern kann auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen werden, die hier entsprechend gelten (GA 67 f.).

Die Beschwerde ist auch begründet. Zwar mögen die geltend gemachten und von der Rechtspflegerin festgesetzten Kosten auf Beklagtenseite, erstattungsrechtlich betrachtet (§ 91 Abs. 2 S. 3 ZPO), angefallen sein. Auch steht die Erklärung der Rechtsanwälte A. vom 13.4.2006 der Festsetzung nicht entgegen. Es war indes keine Maßnahme notwendiger Rechtsverteidigung, dass sich der Beklagte bereits nach - bloßer - Einlegung der Berufung im zweitinstanzlichen Verfahren (selbst) vertreten hat.

Der Beklagte hat versichert und so ausreichend glaubhaft gemacht (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO), dass er sich im Berufungsverfahren zunächst selbst beauftragt hatte. Allein dergleichen löst indes die Verfahrensgebühr noch nicht aus, auch nicht diejenige nach RVG-VV 3201. Dieser verweist auf RVG-VV 3200 und so auf Vorbem. 3 Abs. 2. Nötig ist also zudem eine anwaltliche Tätigkeit zum Betreiben des zu besorgenden Geschäfts, also zur Rechtsverteidigung im Berufungsverfahren. Diese kann nicht in der Information des Haftpflichtversicherers gesehen werden. Denn dergleichen obliegt dem Beklagten nicht in seiner Funktion als anwaltlicher Prozessbevollmächtigter, sondern in derjenigen als Versicherungsnehmer. Im Übrigen dient dies nicht der Abwehr der gegnerischen Berufung, sondern sichert vielmehr den Fall ab, dass dieses Rechtsmittel Erfolg hat. Denkbar ist so allein, dass der Beklagte sich gleichsam selbst informiert und beraten hat. Diese - eher merkwürdig anmutende - Sichtweise mag wegen § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO geboten sein. So wäre, ohne dies hier abschließend beurteilen zu wollen, der Anfall der geltend gemachten Kosten zu bejahen.

Bei der jedenfalls anzunehmenden Selbstbeauftragung hindert die Erklärung der Rechtsanwälte A. vom 13.4.2006 die Festsetzung dieser Kosten nicht. Zwar kann dieser Erklärung entnommen werden, dass die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten nichts veranlassen werden, ...

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