Leitsatz (amtlich)
Dem Veranstalter einer geführten "Segway-Tour" obliegen Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber den Teilnehmern. Hierzu gehört, die Teilnehmer vor Fahrtantritt in die Bedienung des Gerätes einzuweisen, sich vorab einen Überblick über die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Teilnehmer zu verschaffen, eine Übungsfahrt außerhalb des allgemeinen Straßenverkehrs vorzunehmen und sich anschließend zu vergewissern, dass jeder Teilnehmer das Gerät ausreichend sicher beherrscht, insbesondere einen Nothalt durchführen und absteigen kann.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 02 O 2968/17) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 22.01.2019 - 2 O 2968/17 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts, mit dem der Klägerin aus übergegangenem Recht Schadenersatz und die Feststellung der Einstandspflicht für ein Unfallereignis ihrer Versicherten während einer von dem Beklagten angebotenen Segway-Tour zugesprochen wurde.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat im Rahmen der Beweisaufnahme die Versicherte und die weiteren Teilnehmerinnen der Segway-Tour als Zeuginnen vernommen und den Beklagten sodann mit Urteil vom 22.01.2019 antragsgemäß verurteilt.
Mit am 20.02.2019 eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt. Zur Begründung hat er auf den Entwurf einer Berufungsschrift verwiesen. Er rügt, entgegen den Annahmen des Landgerichts seien sowohl die Einweisung in die Bedienung des Segways vor dem Beginn der Probefahrt als auch die näheren Umstände des Unfallereignisses zwischen den Parteien streitig. Ferner stehe gerade nicht außer Streit, dass sich die Versicherte die Verletzung beim Absteigen vom fahrenden Segway zugezogen habe. Das Landgericht habe zudem die bestehenden Widersprüche zwischen den Angaben der Versicherten im vormaligen Prozess zwischen ihr und dem Beklagten und die Zeugenaussage der Versicherten im vorliegenden Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt. Angesichts der Ungereimtheiten hätte den erstinstanzlichen Beweisangeboten des Beklagten insbesondere zu den örtlichen Verhältnissen nachgegangen werden müssen. Der von der Klägerin behauptete Geschehensablauf sei insgesamt als nicht ausreichend bewiesen anzusehen. Das Landgericht habe zudem überzogene Anforderungen an die Bedienungseinweisung durch den Beklagten gestellt und keine ausreichenden Feststellungen zur Kausalität zwischen der behaupteten fehlerhaften Einweisung durch den Beklagten und der Verletzung der Versicherten getroffen.
II. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadenersatz und Feststellung der Einstandspflicht für die Folgen des Unfallgeschehens am 30.05.2014 zuerkannt.
Der Beklagte ist zum Schadenersatz verpflichtet, weil er die ihm gegenüber der Versicherten der Klägerin, der Zeugin F..., obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt hat, § 116 Abs. 1 SGB X, §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB.
1. Dem Beklagten als Veranstalter der Segway-Tour, an der die Zeugin teilgenommen hat, oblagen gegenüber den Teilnehmern vertragliche und deliktische Verkehrssicherungspflichten. Diese Pflichten ergaben sich zunächst aus dem Vertrag zur Durchführung einer Tour, den die Zeugin Schreiber abgeschlossen hatte und in dessen Schutzbereich die Zeugin F... einbezogen war, § 328 BGB. Der Beklagte war hieraus verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Teilnehmer dieser Tour, so auch die Zeugin, keine Verletzungen erleiden. Mit diesen vertraglichen Verkehrssicherungspflichten decken sich die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten, deren Verletzungen zu deliktischen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 BGB führen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17. Januar 2012 - 6 U 96/10 -, Rn. 640 - 682, juris). Der Beklagte, der die Teilnehmer dazu veranlasst hat, unter seiner Anleitung und Begleitung sich mit einem für sie unbekannten, ungewohnten und daher gefahrenträchtigen Segway im öffentlichen Verkehrsraum zu bewegen, schafft damit eine Gefährdung für die körperliche Integrität und die Gesundheit der Teilnehmer. Hiergegen hat er soweit wie möglich Vorkehrungen zu treffen.
2. Seine wegen Eröffnung einer Gefahrenquelle dem Grunde nach bestehende Haftung ist nicht wirksam durch AGB ausgeschlossen bzw. beschränkt worden. Für eine Beschränkung dieser Haftung durch individualvertragliche Vereinbarungen mit den Teilnehmerinnen bestehen keine Anhaltspunkte.
3. Der Beklagte hat die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem er die Teilnehmerinnen der...