Leitsatz (amtlich)
Auch im Kostenansatzverfahren kommt eine Quotelung nach § 464 b StPO in Betracht. Dabei sind die Grundsätze der Differenztheorie zu beachten.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 10.05.2001; Aktenzeichen 4 KLs 310 Js 12503/95) |
Tenor
1.
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 10. 05. 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kostenbeamte bei dem Landgericht Chemnitz nicht auf Grundlage der im vorgenannten Beschluss geäußerten Auffassung, sondern nach derjenigen des nunmehrigen Beschlusses des Senats zu entscheiden hat.
2.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Nachdem der Erinnerungsführer am 25. 04. 1995 durch das Landgericht Chemnitz wegen Beihilfe zur Untreue in 22 Fällen unter Einstellung des Verfahrens wegen weiterer Tatvorwürfe verurteilt worden war und in diesem Urteil ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, soweit er verurteilt worden ist, und soweit das Verfahren eingestellt wurde die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt wurden, hat der Kostenbeamte bei dem Landgericht Chemnitz mit Entscheidungen vom 25. 03. und 13. 04. 1999 gegenüber dem Verurteilten Gerichtskosten festgesetzt. Den gegen die beiden Kostenansätze jeweils eingelegten Erinnerungen des Verurteilten, der geltend macht, die teilweise Auferlegung der Kosten auf die Staatskasse hinsichtlich der eingestellten Tatvorwürfe sei unberücksichtig geblieben, hat der Kostenbeamte nicht abgeholfen, weil ausscheidbare Auslagen nicht feststellbar seien. Eine nachträgliche Quotelung der Auslagen für die teilweise Einstellung des Verfahrens sei nicht möglich.
Die zuständige Kammer beim Landgericht Chemnitz hat mit Beschluss vom 10. 05. 2001 den Erinnerungen des Verurteilten dem Grunde nach stattgegeben, die Entscheidung des Kostenbeamten aufgehoben und den Vorgang zur nochmaligen Erstellung der Kostenansätze zurückgegeben. In den für bindend erklärten Gründen des Beschlusses hat die Kammer ausgeführt, eine hälftige Teilung der gerichtlichen Kosten zwischen dem Verurteilten und der Staatskasse sei angemessen, weil die eingeholte Auskunft der verfahrensbeteiligten Richter ergeben habe, dass der Anteil der zur Verurteilung bzw. zur Einstellung führenden Tatvorwürfe jeweils ca. 50 % betragen habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Chemnitz, der die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung der Erinnerungen des Verurteilten als unbegründet beantragt. Nachdem die Kostengrundentscheidung des Urteils eine Quotelung der Verfahrenskosten nicht vorgenommen habe, könne dies im Kostenansatzverfahren nicht mehr nachträglich geschehen. Da aber ausscheidbare Kosten nicht feststellbar seien, habe der Kostenbeamte richtig entschieden und von einer Minderung der vom Verurteilten zu tragenden Kosten abgesehen. Die Kammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist im Wesentlichen unbegründet. Sie führt lediglich dazu, die Vorgaben des Landgerichts für den Kostenbeamten zu korrigieren.
1.
Zutreffend ist zunächst der Ausgangspunkt der landgerichtlichen Entscheidung, dass nämlich der Kostenbeamte zu Unrecht darauf abgestellt hat, ob durch die Teileinstellung des Verfahrens ausscheidbare Kosten entstanden sind. Es ist inzwischen nahezu einhellige Meinung, dass auch bei einer Teileinstellung mit der im vorliegenden Fall erfolgten Kostengrundentscheidung die Entscheidung über die Auslagen der Staatskasse wie der des Angeklagten nach der sogenannten Differenztheorie zu erfolgen hat (statt aller Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. 2001, § 465 Rdnr. 9 m. w. N. ). Danach ist zu fragen, welche Aufwendungen für das Verfahren entstanden wären, wenn Verfahrensgegenstand von vornherein nur die tatsächlich zur Verurteilung gelangten Fälle gewesen wären. Die Differenz zwischen diesem Betrag und den tatsächlich angefallenen Gebühren und Auslagen ist dann der von der Staatskasse zu tragende Teil. Wie die Kammer zu Recht ausgeführt hat, sind bei dieser Differenzrechnung auch die - als Teil der gerichtlichen Auslagen zu betrachtenden (Meyer-Goßner aaO, § 464 a Rdnr. 1 m. w. N. ) - Pflichtverteidigergebühren einzubeziehen.
2.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der angegriffenen Entscheidung auch insoweit zuzustimmen, als dort die Ansicht vertreten wird, der Kostenbeamte habe auch im Kostenansatzverfahren das ermessensgebundene Wahlrecht, die Differenzmethode streng anzuwenden oder eine Verteilung der Kosten nach Bruchteilen vorzunehmen.
Seinem Wortlaut nach ist § 464 b StPO eine Beschränkung auf die Kostengrundentscheidung nicht zu entnehmen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien steht zumindest die Anwendbarkeit im Kostenfestsetzungsverfahren (zur Erstattung von Auslagen des Angeklagten) außer Frage, wie der angegriffene Beschluss näher darlegt. Der Senat...