Leitsatz (amtlich)

1. Die "drucktechnische Hervorhebung" einer Widerrufsbelehrung ist im Anwendungsbereich von § 8 Abs. 4 VVG 1991 nicht erforderlich; ausreichend ist eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen.

2. Eine für den Versicherungsnehmer vorteilhafte Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben kann nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung führen.

3. Die Sicherungsabtretung der Ansprüche einschließlich der Todesfallleistung an eine Bausparkasse schließt zumindest bei einem Vertrag mit einer langjährigen Laufzeit eine Berufung auf eine unwirksame Belehrung wegen Verwirkung aus.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 2899/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 9.841,12 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senates im Hinweisbeschluss vom 15.11.2018 Bezug genommen. Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 08.01.2019 geben keine Veranlassung, von der im Hinweisbeschluss geäußerten Auffassung abzuweichen.

Die von der Berufung herangezogene Entscheidung des Senats vom 28.03.2017, Az 4 U 1624/16, betrifft eine andere Sachverhaltskonstellation, bei der sich die Belehrung auf der zweiten Seite des Antragsformulars der Beklagten zwischen zahlreichen anderen "Schlusserklärungen" versteckt befand und daher nur bei aufmerksamer Lektüre des eng bedruckten Blattes aufgefunden werden konnte, während sich die mittels Unterschrift des Versicherungsnehmers bestätigte Erklärung, die "Schlusserklärungen" zur Kenntnis genommen zu haben, auf der Vorderseite des Antragsformulars zu finden war. Hiervon unterscheidet sich der Streitfall schon deshalb in entscheidender Weise, weil die sich die - mittels Überschrift hervorgehobene - Belehrung auf einem gesonderten Blatt mit der Zusatzvereinbarung DDR-Sonderbedingungen befand, das nur halbseitig bedruckt und überdies gesondert unterschrieben war. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Klägerin die Belehrung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, da sie von der Beklagten durch die inhaltlich deutliche und hervorgehobene Belehrung über ihr Widerrufsrecht ausreichend informiert wurde. Mehr kann von der Beklagten nicht verlangt werden.

Entgegen der Ansicht der Berufung ergibt sich für die hier vorliegende Konstellation, dass infolge verspäteter Antragsannahme in der Übersendung der Versicherungspolice ein neues Vertragsangebot des Versicherers zu sehen ist, keine planwidrige Regelungslücke der gesetzlichen Regelungen. Wie der Senat in dem Hinweisbeschluss bereits ausgeführt, soll durch § 8 Abs. 4 S. 2 VVG dem Versicherungsnehmer eine Überlegungsfrist eingeräumt werden, ob er an seinen Versicherungsantrag gebunden sein will. Die Frist beginnt daher mit Unterzeichnung des Versicherungsantrags durch den Versicherungsnehmer und ist von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig. Eine den Anforderungen des § 8 Abs. 4 S. 2 VVG entsprechende Belehrung der Klägerin über das ihr in Bezug auf ihren Versicherungsantrag zustehende Widerrufsrecht ist somit erfolgt. Im Fall eines fristgemäßen Widerrufs der Klägerin wäre der Versicherungsvertrag nicht - auch nicht infolge der Übersendung der Versicherungspolice - zustande gekommen, da dem Versicherungsnehmer aus der verzögerten Bearbeitung des Antrags keine Nachteile erwachsen dürfen. Somit liegt auch keine Benachteiligung der Klägerin vor. Eine Belehrung über die Folgen der verspäteten Antragsannahme sieht das Gesetz nicht vor, insoweit besteht nach den Regelungen des VVG keine Belehrungspflicht und im Hinblick auf die allgemeinen Regelungen des BGB auch keine planwidrige Regelungslücke. Abgesehen davon, dass die in § 8 Abs. 4 S. 2 normierte Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Übersendung der Versicherungspolice bereits abgelaufen war, ist auch die in der Versicherungspolice vom 27.02.1991 auf Seite 2 unter der Überschrift "Widerrufsrecht" nochmals enthaltene, mit dem Text der Zusatzvereinbarung identische Belehrung formell und inhaltlich nicht zu beanstanden.

Der Senat hält nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Gegenerklärung auch an seiner Auffassung fest, dass in der Gesamtschau gravierende Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, die Geltendmachung des Widerspruchsrechts und des Bereicherungsanspruchs durch...

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