Leitsatz (amtlich)
Gelangt bei Rücknahme des Mahnantrages im Übrigen nur ein Teil der im Mahnbescheid bezeichneten Forderung in das streitige Verfahren, so muss bei der die Kosten des Mahnverfahrens einschließenden Kostenentscheidung berücksichtigt werden, dass für den im Mahnverfahren erledigten Teil regelmäßig geringere Kosten entstanden sind als für den Teil des Streitgegenstandes, über den im streitigen Verfahren entschieden worden ist. Dazu sind die durch den höheren Streitwert des Mahnverfahrens bedingten Mehrkosten zu errechnen und in die Kostenquote einzubeziehen. Eine entsprechende Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO scheidet aus, wenn der zurückgenommene Teil nicht verhältnismäßig geringfügig ist.
Normenkette
ZPO § 92 Abs. 1-2, § 269 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG Zwickau (Beschluss vom 15.06.2005; Aktenzeichen 2 O 316/05) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagen wird der Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Zwickau vom 15.6.2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der gesamten Kosten des Mahnverfahrens trägt die Klägerin zu 1/10, der Beklagte zu 9/10.
2. Die Kosten beider Beschwerdeverfahren trägt die Klägerin zu 1/5, der Beklagte zu 4/5.
3. Der Streitwert beider Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin erwirkte gegen den Beklagten am 5.10.2004 einen Mahnbescheid über eine Darlehensrückzahlungsforderung von 101.371,30 EUR. Nach anwaltlich erklärtem Widerspruch zeigten sich für die Klägerin deren Prozessbevollmächtigte an, nahmen den Mahnantrag i.H.v. 51.371,30 EUR zurück, baten wegen der restlichen 50.000 EUR um Abgabe an das im Mahnbescheidsantrag bezeichnete Streitgericht und begründeten später in diesem Umfang den Anspruch. Auf das uneingeschränkte Anerkenntnis des Beklagten erging im schriftlichen Vorverfahren so bezeichnetes "Teilanerkenntnis- und Endurteil". Die Kosten des Rechtsstreits sind darin zu 51 % der Klägerin und zu 49 % dem Beklagten auferlegt. Der auf Befreiung von einer eigenen Kostenlast gerichteten sofortigen Beschwerde der Klägerin half das LG mit Beschluss vom 15.6.2005 in vollem Umfang ab. Es errechnete durch den höheren Streitwert des Mahnverfahrens zusätzlich entstandene Kosten von 378,64 EUR (Gerichtskosten: 200 EUR; außergerichtliche Kosten des Beklagten: 178,64 EUR), setzte diese ins Verhältnis zu den ermittelten Gesamtkosten des Rechtsstreites von 7.859,84 EUR (Gerichtskosten: 1.568 EUR; außergerichtliche Kosten der Klägerin: 3.056 EUR; außergerichtliche Kosten des Beklagten: 3.235,24 EUR) und gelangte wegen der geringfügigen Kostendifferenz zur Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO. Den anschließenden Antrag der Klägerin, dem Beklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, hat das LG nicht beschieden. Der Beklagte hat gegen die Entscheidung vom 15.6.2005 seinerseits binnen zwei Wochen "Rechtsmittel" eingelegt. Nach seiner Ansicht muss es bei der ursprünglichen Kostenverteilung bleiben, da die Entscheidung allein entsprechend dem wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen zu treffen sei. Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen. Die Klägerin hält es für unbegründet.
II. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde zulässig und hat in der Sache teilweise, nämlich dahin Erfolg, dass die Kosten des Rechtsstreits (einschließlich der gesamten Kosten des Mahnverfahrens) von der Klägerin zu 1/10 und vom Beklagten zu 9/10 zu tragen sind.
1. Zu Unrecht hat das LG eine (entsprechende) Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für möglich gehalten. Die Vorschrift setzt nach ihrem eindeutigen Wortlaut voraus, dass die Zuvielforderung nicht nur keine oder nur geringfügig höhere Kosten verursacht hat, sondern auch ihrerseits verhältnismäßig geringfügig war. Davon kann hier nicht ausgegangen werden, weil die Klägerin im Mahnverfahren eine deutlich höhere als die im anschließenden streitigen Verfahren durchgesetzte Forderung geltend gemacht hatte.
2. Fehl geht allerdings auch die Einschätzung des Beklagten, es komme allein auf das Maß des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens an. Gelangt bei Rücknahme des Mahnantrages im Übrigen nur ein Teil der im Mahnbescheid bezeichneten Forderung in das streitige Verfahren, so muss bei der Kostenentscheidung, die die Kosten des Mahnverfahrens einschließt (§§ 696 Abs. 1 Satz 5, 281 Abs. 3 Satz 1 ZPO), berücksichtigt werden, dass für den im Mahnverfahren abschließend erledigten Teil in der Regel geringere Kosten entstanden sind als für den Teil des Streitgegenstandes, über den im streitigen Verfahren entschieden worden ist (OLG München v. 1.12.1999 - 1 W 3034/99, OLGReport München 2000, 229 [231]; vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 688 Rz. 20). Daher sind in entsprechender Anwendung von §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 1 ZPO die durch den höheren Streitwert des Mahnverfahrens bedingten Mehrkosten zu errechnen und in die Kostenquote einzubeziehen.
3. Da der Mahnbescheidsantrag am 5.10.2004 eingegangen und die ...