Leitsatz (amtlich)

1. Die Mitteilung der Fundstelle eines in der Hauptverhandlung verlesenen Sachverständigengutachtens im Urteil kann die unterbliebene Darstellung des wesentlichen Inhalts des Gutachtens nicht ersetzen.

2. Aus der Blutalkoholkonzentration allein kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf vorsätzliches Handeln in Bezug auf die Fahruntüchtigkeit geschlossen werden.

 

Verfahrensgang

AG Torgau (Entscheidung vom 05.03.2018; Aktenzeichen 2 Cs 253 Js 49782/17)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Torgau vom 05. März 2018 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Torgau zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Torgau verhängte gegen den Angeklagten am 05. März 2018 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr die Geldstrafe von 40 Tagesätzen in Höhe von 43,00 EUR, entzog seine Fahrerlaubnis, zog seinen Führerschein ein und wies die Verwaltungsbehörde an, dem Angeklagten vor Ablauf von 11 Monaten keine neue Fahrererlaubnis zu erteilen.

Dagegen richtet sich die Sprungrevision des Angeklagten, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung.

Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Zu deren Überprüfung ist das Revisionsgericht nur eingeschränkt berufen und in der Lage. Es hat die tatrichterliche Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Urteilsgründe Rechtsfehler enthalten. Diese sind namentlich dann gegeben, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und dass die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen nicht lediglich Vermutungen sind, für die es weder eine belastbare Tatsachengrundlage noch einen gesicherten Erfahrungssatz gibt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 2 StR 513/16 -, juris).

1. Das Gericht gründet seine Überzeugung hinsichtlich der Tatzeit-Blutalkoholkonzentration auf das in der Hauptverhandlung verlesene Begleitstoffanalysegutachten und schließt sich diesem im Ergebnis an, was grundsätzlich keinen Bedenken unterliegt. Der Tatrichter darf sich mangels hinreichender eigener Kenntnisse auf den für die Urteilsfindung maßgeblichen Wissensgebieten darauf beschränken, sich der Beurteilung von Sachverständigen hinsichtlich der einschlägigen Fachfragen anzuschließen. Doch ist er dann verpflichtet, die wesentlichen Grundlagen anzugeben, an die die Schlussfolgerungen des Gutachtens anknüpfen, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen (BGH Beschluss vom 06.03.1986 - 4 StR 48/86 -, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage § 267 Rdn. 13, m.w.N).

Vorliegend werden die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen nicht wiedergegeben. Die Mitteilung der Fundstelle des verlesenen Gutachtens im Urteil kann die unterbliebene Darstellung des wesentlichen Inhalts des Gutachtens nicht ersetzen. Die Verweisungserlaubnis in § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO (Verweisung auf Abbildungen) und die Ermächtigung zur Bezugnahme in § 267 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz StPO schließen zugleich das Verbot sonstiger Bezugnahmen ein, soweit mit ihr notwendige Teile der schriftlichen Urteilsbegründung ersetzt werden sollen (Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl. § 267 Rdnr. 3; Meyer-Goßner, a.a.O. § 267 Rdnr. 8; vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. August 2010, 3 StR 227/10; juris).

Die Beweiswürdigung ist daher lückenhaft. Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil auch.

Dem steht nicht entgegen, dass das Gericht dem Angeklagten zumindest einen Teil des behaupteten Nachtrunks geglaubt und auf dieser Grundlage eigene Berechnungen zur Tatzeit-Blutalkoholkonzentration vorgenommen hat. Mangels Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses des Begleitstoffanalysegutachtens kann das Revisionsgericht nicht überprüfen, ob die Einlassung des Angeklagten zu weitaus größeren Mengen des Nachtrunks überhaupt als widerlegt angesehen werden kann oder ob seine Behauptungen durch das Ergebnis der angestellten Untersuchung doch ganz oder zu einem größeren als vom Gericht angenommen Teil gestützt werden.

2. Das Gericht nimmt zudem an, dass der Angeklagte aufgrund der Gesamtumstände seine Fahruntüchtigkeit erkannt, zumindest aber billigend in Kauf genommen hat.

Aus der Blutalkoholkonzentration allein kann nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände auf vorsätzliches Handeln in Bezug auf die Fahruntüchtigkeit geschlossen werden. Zwar liegt bei einer die Grenze absoluter Fahrunsicherheit weit üb...

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