Leitsatz (amtlich)
1. Die Löschung eines auf einem sozialen Netzwerk veröffentlichten Beitrags und die Sperrung des Nutzerkontos stellt grundsätzlich weder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Nutzers noch eine schwerwiegende Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, die eine Geldentschädigung rechtfertigen könnte.
2. Auch ein Verstoß gegen zwingende Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung liegt hierin nicht.
3. Auskunftsansprüche gegen den Betreiber, ob und ggf. welche Dritte in diesen Vorgang eingeschaltet wurden, kommen daher nicht in Betracht.
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 6 O 94/18) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Antrag, das Berufungsverfahren bis zur Entscheidung über den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Görlitz Außenkammer Bautzen vom 22.3.2019 auszusetzen, wird abgelehnt.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 5.150,- EUR festzusetzen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der am 31.3.2008 erfolgten Löschung eines XXX-Posts und der Sperrung seines Kontos durch Versetzung in den read-only Modus auf Feststellung der Rechtswidrigkeit, Freischaltung des Beitrags, Auskunftserteilung, materiellen und immateriellen Schadensersatz und Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Über dem Untertitel "Nüscht wie Neger" und mit dem Kommentar "Das waren noch Zeiten, als das nunmehr zentral gesteuerte deutsche Staatsfernsehen noch neutral berichtete und solche herrlichen Serien zeigte. P.S.: Bin gespannt, wann es gelöscht wird... aber da würde die Politik sich selbst verleugnen." hatte er einen Link auf einen Filmausschnitt aus der in den 1970er Jahren ausgestrahlten Fernsehserie "Ein H..." bei www.xxx.com geteilt, in dem mehrfach das Wort "Neger" verwendet wird. Das Landgericht hat die Beklagte im Wege des Versäumnisurteils zur Wiederfreischaltung des Beitrags verurteilt und festgestellt, dass die Löschung/Sperrung rechtswidrig waren. Auf den zulässigen Einspruch der Beklagten hat es Termin zur mündlichen Verhandlung für den 11.9.2019 anberaumt. Die übrigen Ansprüche hat es zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung, die insbesondere die Auffassung vertritt, der Beitrag sei als zulässige Meinungsäußerung verfassungsrechtlich so weitgehend geschützt, dass dessen Löschung und die zeitweilige Sperrung des Nutzerkontos weitgehende Auskunfts- und Schadensersatzansprüche auslösten.
B. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht. Eine Aussetzung des Berufungsverfahrens gem. § 148 ZPO kommt nicht in Betracht. Das Verfahren vor dem Landgericht über den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 22.3.2019 ist nicht vorgreiflich. Die in der Berufung geltend gemachten Ansprüche bestehen auch dann nicht, wenn der Einspruch der Beklagten zurückgewiesen und das Versäumnisurteil rechtskräftig werden sollte.
I. Einen Anspruch des Klägers auf Auskunft darüber, ob die gegen ihn verhängte Sperre durch ein "beauftragtes Unternehmen" erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht verneint. Mangels einer spezialgesetzlichen Grundlage kommt ein solcher Auskunftsanspruch nur nach § 242 BGB in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2002 - VIII ZR 64/01, NJW 2002, 3771 unter II. 1. m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch genommene selbst, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH, Urteil vom 09. Juli 2015 - III ZR 329/14 - juris). Datenschutzrechtliche Bedenken an der Auskunftserteilung bestehen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG nicht, sofern die Auskunftserteilung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung zivilrechtlicher Ansprüche erforderlich ist. Der allgemeine Ausk...