Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelung der elterlichen Sorge

 

Verfahrensgang

AG Chemnitz (Beschluss vom 30.01.2001; Aktenzeichen 3 F 706/00)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Stadt C. – Amt für Jugend und Familie – gegen den Beschluss des Amtsgerichtes – Familiengericht – Chemnitz vom 30. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat die den weiteren Beteiligten im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.500,00 DM.

 

Tatbestand

I.

Die Stadt … – Amt für Jugend und Familie – wendet sich gegen ihre Bestellung zum Amtspfleger für den am … geborenen C..

Der Betroffene ist das gemeinschaftliche Kind der Frau R., geboren am …, und des Herrn K., aus deren Beziehung ferner seine Schwester S. hervorgegangen ist. Darüber hinaus hat er acht weitere Halbgeschwister, wobei der Betroffene das jüngste der insgesamt 10 Kinder ist. Dabei sind sieben Kinder aus der Ehe der Frau K. und eines Herrn P. hervorgegangen, von denen die zwei jüngsten Kinder zur Adoption freigegeben worden waren. Seit 1996 ist die Mutter des Betroffenen mit Herrn K. verheiratet. Der leibliche Vater des Betroffenen wurde 1995 zu einer Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauchs an dem Betroffenen und dessen Schwester S. verurteilt.

Die Familie des betroffenen Jugendlichen ist der Landeshauptstadt Dresden – Allgemeine soziale Dienste Neustadt – seit Frühjahr 1996 bekannt. Dabei bestand die Zuständigkeit der Landeshauptstadt Dresden – Allgemeine soziale Dienste Pieschen – seit 1. Januar 1999. Zu dieser Zeit zeigte C. Verhaltensauffälligkeiten dergestalt, dass er gemeinsam mit einer Gruppe von Kindern Tiertötungen beging, die Schule schwänzte und Bestrebungen zeigte, von zu Hause fortzulaufen.

Nachdem eine Untersuchung der Universitätsklinik Dresden im Mai 1996 zu dem Ergebnis gelangt war, dass für C. die langfristige Unterbringung in einem geschlossenen Heim mit integriertem Förderschulanteil sinnvoll sei, wurde ein geeignetes Heim gesucht. Entsprechende Einrichtungen lehnten den Betroffenen jedoch ab. Letztlich fand er Aufnahme in der Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis, Bernburg – wenngleich nicht unter geschlossenen Bedingungen – wo er zwei Jahre verblieb. Ab Sommer 1997 hatte C. dabei die Möglichkeit, seine Mutter in D. im Rahmen der gewährten Beurlaubung zu besuchen.

Im November 1998 informierte die Einrichtung die Landeshauptstadt Dresden – Jugend/Soziale Dienste – darüber, dass der Betroffene nicht mehr führbar sei. Insbesondere wurde mitgeteilt, dass erneut Tiertötungen vorgenommen worden seien und bei C. ein hoher Grad an Selbst- und Fremdgefährdung bestehe. Eine daraufhin am 05.12.1998 begonnene sozial-pädagogische Maßnahme in Irland musste bereits nach drei Wochen abgebrochen werden, da der Betroffene sexuelle Handlungen an dem dreijährigen Sohn des Pädagogenpaares vorgenommen hatte. Auf Antrag der Mutter wurde C. am 22.12.1998 in die geschlossene Abteilung der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Sächsischen Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Großschweidnitz eingewiesen.

Im Rahmen der ärztlichen Stellungnahme des Sächsischen Krankenhauses Großschweidnitz vom 11. Februar 1999 wurden beim Betroffenen eine mittelgradige Intelligenzminderung (leichte Imbezillität) sowie eine Fremd- und Selbstgefährdung festgestellt und ausgeführt, dass C. langfristig einen heilpädagogisch therapeutischen Zugang mit straffen Strukturen bei festen Grenzsetzungen erhalten müsse. Nach Einschätzung der Landeshauptstadt Dresden – Jugend/Soziale Dienste – vom 23.03.1999 sei für die Entwicklung C. eine 1:1-Betreuung erforderlich.

In der Folgezeit erfolgte durch das Diakonische Werk Dresden eine sozial-pädagogische Familienhilfe gemäß § 31 KJHG mit 60 Wochenstunden, geleitet durch eine Betreuerin und einen Betreuer, bereitgestellt mit Beginn am 01.07.1999. Zeitgleich wurde in Dresden ein Diagnostikverfahren durchgeführt mit dem Ziel der bislang nicht erfolgten Einschulung des Betroffenen.

Im November 1999 beantragte die Landeshauptstadt Dresden – Jugendamt/Soziale Dienste – der alleinsorgeberechtigten Mutter die elterliche Sorge zu entziehen und dem Jugendamt zu übertragen. Der Antrag wurde insbesondere damit begründet, dass die Mutter des Betroffenen zur tatsächlichen Mitwirkung beim Hilfeplanverfahren nicht bereit sei. Ein von der Mutter geplanter Umzug von D. nach C. wurde aus sozial-pädagogischer Sicht nicht befürwortet. Gleichwohl nahm die Mutter des Betroffenen in C. Wohnsitz, den sie dort seit 01.12.1999 hat.

Nach delinquenten Handlungen des Betroffenen beantragte die Landeshauptstadt Dresden – Jugend/Soziale Dienste – im weiteren Verlauf des Verfahrens, der Mutter des Betroffenen im Rahmen einer vorläufigen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht, Anträge nach dem KJHG zu stellen und die Gesundheitssorge zu entziehen und dem Jugendamt zu übertragen. Diesem Antrag entsprach das Amtsgericht – Familiengericht – Dresden durch vorläufige Anordnung vom 1. Dezember 1999.

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