Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unterlassungsantrag, der den Download von Apps auf "sonstigen Endgeräten", eines Dritten begehrt, die diesem vom Unterlassungsgläubiger überlassen wurden, ist hinreichend bestimmt.
2. Die Installation von Programmen durch einen Dritten, die diesem erlauben, jederzeit auf den Positionsstandort eines Smartphones zuzugreifen, verletzt das Nutzungsrecht des Eigentümers.
3. Eine solche Tathandlung begründet die Wiederholungsgefahr kerngleicher Verletzungshandlungen auf weiteren Geräten, auf die der Verletzer Zugriff hat. Allein durch das Löschen der das Nutzungsrecht beeinträchtigenden Software kann diese Wiederholungsgefahr nicht beseitigt werden.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 09 O 852/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren wie in erster Instanz auf 5500,- EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der (Verfügungs-) Kläger zu 1) begehrt, ursprünglich gemeinsam mit der Verfügungsklägerin zu 2), nach Antragsrücknahme allein, eine einstweilige Verfügung, mit der dem Beklagten untersagt werden soll, ohne seine Zustimmung auf verschiedenen im Verfügungsantrag bezeichneten und in seinem Eigentum stehenden mobilen Endgeräten Einblick in dort gespeicherte Daten zu nehmen und an diesen Geräten durch Aufspielen von Software Veränderungen vorzunehmen, die ihm einen Zugriff auf diese Daten gestatten. Die Geräte hatte der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2), die die leibliche Tochter seiner Lebensgefährtin und des Beklagten ist, zur Nutzung überlassen. Es wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat dem Antrag entsprochen. Es könne dahinstehen, ob der Beklagte als Sorgeberechtigter befugt sei, die Internetaktivität seiner Tochter mittels Überwachungssoftware zu kontrollieren. Das Eigentum des Klägers zu 1) an diesen Geräten sei jedenfalls unstreitig, der Beklagte trage nicht vor, weshalb ihm der Zugriff auf die dort gespeicherten Daten, insbesondere auf den Standort der Geräte gewährt werden müsse. Mit der Berufung vertritt der Beklagte die Auffassung, dem Verfügungsantrag hätte schon mangels Bestimmtheit nicht entsprochen werden dürfen, da dieser über die genau bezeichneten Geräte hinaus, auch "sonstige Mobiltelefone/Computer" erfasse. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei überdies fehlerhaft, weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht habe, dass es technisch überhaupt möglich sei, durch die Einrichtung einer FamilyApp die Nutzung des betroffenen Geräts einzuschränken. Erst recht sei es nicht möglich, über diese App die Daten auf den anderen Geräten, die er nie gesehen habe, einzusehen. Er habe überdies angeboten, die App zu löschen, wenn ihm das Gerät vorgelegt werde und habe am 26.4.2021 das xxxxxx-Konto seiner Tochter gelöscht.
II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht. Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag zu Recht stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten greift nicht durch. Der auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren gerichtete Prozesskostenhilfeantrag hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO.
1. Entgegen der in der Berufungsbegründungsschrift vertretenen Auffassung ist das Urteil auch insoweit hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, als es in Ziffer 1, 4. Spiegelstrich auch die Nutzung von Daten auf "sonstigen, vom Verfügungskläger zu 1) der Verfügungsklägerin zu 2) zur persönlichen Nutzung überlassene Mobiltelefone/Computer" durch den Beklagten untersagt. Der Unterlassungsantrag muss möglichst klar und konkret gefasst sein, damit für Rechtsverteidigung und Vollstreckung klar ist, worauf sich das Verbot erstreckt. Wann dies der Fall ist, hängt von den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz...