Leitsatz (amtlich)

Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im Entschädigungsverfahren nach § 10 StrEG ist in einfach gelagerten Fällen nicht erforderlich. Soweit die Höhe des Entschädigungsanspruchs festgestellt ist, folgt aus § 13 Abs. 2 StrEG kein Aufrechnungsverbot.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 5 O 2734/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 03.01.2018, Az.: 5 O 2734/17, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von 908,25 EUR gegen den Freistaat Sachsen wegen Entschädigung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 03.01.2018 unter Ziffer I. Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Antrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 03.01.2018 mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Gegen diese am 08.01.2018 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde vom 08.02.2018, die am gleichen Tage beim Landgericht Dresden eingegangen ist. Er macht insbesondere geltend, dass der Antragsgegner hinsichtlich der bereits von der Landesjustizkasse zuerkannten Teilsumme kein Zurückbehaltungsrecht habe. Ein Zurückbehaltungsrecht sei ausgeschlossen, wenn die Aufrechnung ausgeschlossen sei und eine Ausübung des Zurückbehaltungsrechts einen der Aufrechnung gleichkommenden Erfolg haben würde. Ein Zurückbehaltungsrecht sei vom Antragsgegner auch nicht geltend gemacht worden. Selbst wenn der Antragsgegner eine entsprechende Erklärung in einem Schriftsatz geltend gemacht hätte, wäre die Erklärung nicht wirksam. Die Aufrechnungserklärung des Antragsgegners könne nicht in eine Erklärung des Zurückbehaltungsrechts umgedeutet werden. Zumindest sei - hilfsweise - dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit stattzugeben, als der Zahlungsanspruch a maiore ad minus den Anspruch auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses enthalte. Zu Unrecht seien die Rechtsanwaltskosten für das Entschädigungsverfahren nicht als Entschädigungsposition anerkannt worden. Der Antragsteller könne nicht auf die Inanspruchnahme von Stellen der Ausländer- und Flüchtlingsberatung verwiesen werden, zumal diesen keine Rechtsdienstleistungen erlaubt seien. Der Antragsteller sei auch nicht mit der deutschen Sprache und den Grundzügen des deutschen Rechtssystems vertraut. Entsprechend sei im Strafverfahren ein Dolmetscher hinzugezogen worden.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 31.07.2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Es fehlt der beabsichtigten Rechtsverfolgung an den erforderlichen hinreichenden Aussichten auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 ZPO). Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 908,25 EUR Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG). Weder kann er Kosten für die Inanspruchnahme seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 334,75 EUR verlangen (dazu unten 1.) noch greift er mit Erfolg die Aufrechnung in Höhe von 573,50 EUR an (dazu unten 2.).

1. Ein Anspruch des Antragstellers auf Erstattung der Kosten für die Inanspruchnahme seines Prozessbevollmächtigten für das Entschädigungsverfahren nach § 10 StrEG in Höhe von 334,75 EUR besteht nicht.

Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Antragstellers, wonach sich eine Schadensersatzpflicht auf Rechtsanwaltskosten erstreckt, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes erforderlich und zweckmäßig war (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 249 Rn. 57 m.w.N.). Dies gilt auch für die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen. Beauftragt der Betroffene einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung seiner Ansprüche, so sind Aufwendungen für Rechtsanwaltsgebühren erstattungsfähig, sofern die Beauftragung des Rechtsanwaltes notwendig war; daran fehlt es regelmäßig in einfach gelagerten Fällen, etwa wenn ausschließlich immaterielle Haftentschädigung verlangt wird (Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über Ausführungsvorschriften zum Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 26.02.2015, Anlage 1, Teil 1, Ziffer b II 2.g). Dies entspricht der einhelligen Meinung in Literatur und Rechtsprechung (LG Koblenz, NStZ 2001, 500; LG Flensburg, NStZ-RR 1997, 190; Meyer, StrEG, 10. Aufl. 2017, § 7 Rn. 17, Stichwort: Anwaltskosten; Kunz, StrEG, 4. Aufl. 2010, § 7 Rn. 31).

Da der Antragsteller - abgesehen von den streitgegenständlichen Anwaltskosten - lediglich immaterielle Haftentschädigung verlangt hat, lag ein einfach gelagerter Fall vor. Daher war die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht notwendig. Anderes folgt auch nicht aus den geltend gemachten Sprachschwierigkeiten des Antragstellers. Es kann dahinsteh...

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