Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe im Ehescheidungsverfahren: Erneuter Bewilligungsantrag bei ausgesetztem und wieder aufgenommenem Versorgungsausgleichsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Versorgungsausgleichsverfahren, die nach § 2 VAÜG ausgesetzt waren und ab dem 1.9.2009 gem. § 48 Abs. 2 VersAusglG wiederaufgenommen werden, sind neue selbständige Familienverfahren, die kraft gesetzlicher Trennung nach Maßgabe von Art. 111 Abs. 4 FGG-RG aus dem früheren Scheidungsverbund ausgeschieden sind. Das hat zur Folge, dass ohne Rücksicht auf in dem Altverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe nunmehr erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt und beschieden werden muss.
Normenkette
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2; VersAusglG § 48 Abs. 2, § 50; FGG-RG Art. 111 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hainichen (Beschluss vom 30.07.2010; Aktenzeichen 2 F 639/09) |
AG Hainichen (Beschluss vom 10.06.2010; Aktenzeichen 2 F 639/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des AG - Familiengericht - Hainichen vom 10.06. und 30.7.2010 - 2 F 639/09 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Bescheidung des Verfah-renskostenhilfegesuchs der Antragstellerin vom 10.5.2010 an das Familiengericht zurückverwiesen.
Gründe
I. Das Familiengericht hatte den zuvor ausgesetzt gewesenen Versorgungsausgleich zwischen den seit 1997 rechtskräftig geschiedenen Beteiligten nach neuem Recht wieder aufgenommen; zur Vorbereitung der Entscheidung hatte es dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und dem Antragsgegner persönlich (der weder im Scheidungsverfahren noch aktuell anwaltlich vertreten war) einen Berechnungsvorschlag übersandt. Daraufhin bestellte sich der eingeschaltete Rechtsanwalt für die Antragstellerin, beantragte Verfahrenskostenhilfe für seine Mandantin und signalisierte Einverständnis mit dem in Aussicht gestellten Versorgungsausgleich. Das Familiengericht hat daraufhin in der Hauptsache wie angekündigt entschieden, die begehrte Verfahrenskostenhilfe indes mit der Begründung verweigert, die im Scheidungsverfahren der Antragstellerin - unstreitig - gewährte Prozesskostenhilfe erfasse auch das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren (Beschlüsse vom 10.06. und - nochmals - 30.7.2010). Dagegen richtet sich die in zulässiger Weise erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Ansicht vertritt, über den nach neuem Recht durchgeführten Versorgungsausgleich werde nach Wiederaufnahme in einem selbständigen Verfahren außerhalb des vormaligen Scheidungsverbunds entschieden.
II. Die Beschwerde ist - vorläufig - begründet und führt zu der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Entscheidung. Der Senat teilt die bereits vom OLG Naumburg (Beschl. v. 4.3.2010 - 8 WF 33/10) ausführlich begründete Auffassung, dass nach Maßgabe von § 48 Abs. 2 VersAusglG ab dem 1.9.2009 wiederaufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren gem. Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG vom früheren Scheidungsverbund getrennt worden sind und in diesem Sinne als selbständige Familiensachen fortzuführen sind. Das hat - u.a. -zur Folge, dass in dem neu entstandenen Verfahren auch über beantragte Verfahrenskostenhilfe ohne Bindung an einen im vormaligen Verbundverfahren ergangenen Beschluss neu befunden werden muss. Da die Bewilligungsvoraussetzungen im vorliegenden Verfahren, vom Standpunkt des Familiengerichts aus konsequent, im Einzelnen bisher nicht geprüft worden sind, bietet die Aufhebung und Zurückverweisung Gelegenheit, dies nachzuholen.
Die - hier nach § 2 VAÜG erfolgte - Aussetzung des Versorgungsausgleichs führte nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG i.V.m. § 628 ZPO a.F. zu einer Abtrennung, die den Scheidungsverbund dennoch aufrechterhielt und in ihren Rechtsfolgen darauf beschränkt blieb, innerhalb des Verbundes zeitlich versetzte Teilentscheidungen möglich zu machen. Es entstand dadurch mithin kein neues selbständiges Versorgungsausgleichsverfahren; vielmehr erfolgte die Wiederaufnahme eines in dieser Weise ausgesetzten Versorgungsausgleichs nach altem Recht durch Fortsetzung des (vorhandenen) Verfahrens innerhalb des bestehengebliebenen Verbunds. Diese Rechtslage ist mit Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG geändert worden. Die Vorschrift ordnet ausdrücklich an, alle "vom Verbund abgetrennten Folgesachen ... des Satzes 1" - dazu zählt auch die hier zu beurteilende Konstellation - als "selbständige Familiensachen" fortzuführen. Damit ergibt sich aus Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG eine echte Verfahrenstrennung kraft Gesetzes, die in ihren Rechtsfolgen § 623 Abs. 2 Satz 4 ZPO a.F. entspricht: Die Entstehung einer selbständigen Familiensache führt dazu, dass diese ihre Eigenschaft als Folgesache verliert und aus dem Verbund ausscheidet (vgl. etwa Zöl-ler/Philippi, 27. Aufl. 2009, § 623 ZPO Rz. 32k m.w.N.). Das hat zur Konsequenz, dass in dem neuen selbständigen Verfahren auch erneut um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht werden muss, schon weil in diesem Verfahren die Anwaltsgebühren unabhängig von den im früheren Verbund verwir...