Leitsatz

Abgetrennte bzw. ausgesetzte Verfahren zum Versorgungsausgleich sind bei Wiederaufnahme des Verfahrens nach neuem Recht zu behandeln. Nach Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG werden vom Verbund abgetrennte Versorgungsausgleichssachen, die in das neue Recht übergeleitet werden, als selbständige Versorgungsausgleichssachen fortgeführt. Das OLG Dresden hat sich in dieser Entscheidung mit den verfahrensrechtlichen Folgen dessen auseinandergesetzt.

 

Sachverhalt

Das Familiengericht hatte den zuvor ausgesetzt gewesenen Versorgungsausgleich zwischen den seit dem Jahre 1997 rechtskräftig geschiedenen Beteiligten nach neuem Recht wieder aufgenommen. Zur Vorbereitung der Entscheidung hatte es dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und dem Antragsgegner persönlich, der im Ehescheidungsverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen war, einen Berechnungsvorschlag übersandt. Daraufhin bestellte sich der eingeschaltete Rechtsanwalt für die Antragstellerin, beantragte Verfahrenskostenhilfe für seine Mandantin und signalisierte Einverständnis mit dem in Aussicht gestellten Versorgungsausgleich.

Das Familiengericht hat daraufhin in der Hauptsache wie angekündigt entschieden, die begehrte Verfahrenskostenhilfe jedoch mit der Begründung verweigert, die der Antragstellerin im Scheidungsverfahren - unstreitig - gewährte Prozesskostenhilfe erfasse auch das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren.

Gegen diesen Beschluss wandte sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hat den Beschluss des AG aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Bescheidung des Verfahrenskostenhilfegesuchs an das Familiengericht zurückverwiesen.

Der Senat vertrat die Auffassung, dass nach Maßgabe von § 48 Abs. 2 VersAusglG ab dem 1.9.2009 wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren gemäß Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG vom früheren Scheidungsverbund abgetrennt worden und in diesem Sinne als selbständige Familiensachen fortzuführen seien. Dies habe - u.a. - zur Folge, dass in dem neu entstandenen Verfahren auch über beantragte Verfahrenskostenhilfe ohne Bindung an einem im vormaligen Verbundverfahren ergangenen Beschluss neu befunden werden müsse.

Die hier nach § 2 VAÜG erfolgte Aussetzung des Versorgungsausgleichs habe nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG i.V.m. § 628 a.F. zu einer Abtrennung geführt, die den Scheidungsverbund dennoch aufrecht erhalten habe und in ihren Rechtsfolgen darauf beschränkt gewesen sei, innerhalb des Verbundes zeitlich versetzte Teilentscheidungen zu ermöglichen.

Es sei mithin kein neues selbständiges Versorgungsausgleichsverfahren entstanden. Vielmehr sei die Wiederaufnahme eines in dieser Weise ausgesetzten Versorgungsausgleichs nach altem Recht durch Fortsetzung des (vorhandenen) Verfahrens innerhalb des bestehenden Verbundes erfolgt.

Diese Rechtslage sei mit Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG geändert worden. Die Vorschrift ordne ausdrücklich an, alle "vom Verbund abgetrennten Folgesachen ... des Satzes 1" als "selbständige Familiensachen" fortzuführen. Dies betreffe auch die vorliegende Konstellation. Damit ergebe sich aus Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG eine echte Verfahrenstrennung kraft Gesetzes, die in ihren Rechtsfolgen § 623 Abs. 2 S. 4 ZPO a.F. entspreche.

Die Entstehung einer selbständigen Familiensache führe dazu, dass diese ihre Eigenschaft als Folgesache verliere und aus dem Verbund ausscheide. Dies wiederum habe zur Konsequenz, dass in dem neuen selbständigen Verfahren auch erneut um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht werden müsse, schon weil in diesem Verfahren die Anwaltsgebühren unabhängig von den im früheren Verbund verwirklichten Gebührentatbeständen entständen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Dresden, Beschluss vom 15.09.2010, 20 WF 785/10

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