Leitsatz (amtlich)
1. Schließt der Versicherungsnehmer bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der Gebäudeversicherung und des Versicherungsvermittlers nur mit der Versicherung einen Abfindungsvergleich, kann allein aus der Abgeltung "aller Ansprüche" noch nicht auf eine Gesamtwirkung des Vergleichs geschlossen werden.
2. Im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Gebäudeversicherung muss der Versicherungsvermittler ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht darauf hinweisen, dass Vandalismusschäden nicht umfasst sind.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 575/20) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 22.06.2020 - 3 O 575/20 - wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner zu 1.) und 2.) auf Zahlung von Versicherungsleistungen bzw. auf Ersatz von Schäden in Anspruch, die ihm an seinem Objekt in der H ...straße 00 in 00000 P ... - es handelt sich um eine xxx xxx - entstanden sind. Die Geltendmachung von Versicherungsleistungen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2.), bei der der Antragsteller eine Gebäudeversicherung in Bezug auf das streitgegenständliche Objekt unterhält, ist bereits Gegenstand zweier weiterer Prozesskostenhilfegesuche, die unter den Az. 3 O 2125/19 und 3 O 564/20 vor dem Landgericht Leipzig abschlägig beschieden wurden. Die jeweils hiergegen gerichteten Beschwerden hat der Senat mit Beschlüssen vom 12.02.2020 unter dem Az. 4 W 84/20 und vom 08.09.2020 unter dem Az. 4 W 655/20 zurückgewiesen.
Mit vorliegendem Antrag macht der Antragsteller erstmalig Ansprüche auch gegen den Antragsgegner zu 1.) geltend, der seinerzeit beim Abschluss des streitgegenständlichen Gebäudeversicherungsvertrages als Versicherungsvermittler für die Antragsgegnerin zu 2.) fungierte. Er beruft sich auf eine Fehlberatung im Zusammenhang mit der Absicherung gegen Vandalismusschäden. Diese sind unstreitig nicht mitversichert. Nachdem er mit der Antragsgegnerin zu 2. am 22.08.2018 einen Abfindungsvergleich sowohl für die Sturm- als auch für die Vandalismusschäden i.H.v. 8.000,00 EUR abgeschlossen hatte (Anlage PKH 6 aus dem Verfahren 3 O 2125/19), behauptet der Antragsteller nun, bei Abschluss dieser Erklärung nicht geschäftsfähig gewesen zu sein. Das Landgericht hat mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss den Antrag zurückgewiesen.
Im Hinblick auf den erstmalig in Anspruch genommenen Antragsgegner zu 1.) verneinte es die hinreichende Erfolgsaussicht, weil sich der Abfindungsvergleich vom 22.08.2018 auch auf den Antragsgegner zu 1.) beziehe. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2.) verwarf es den Antrag unter Hinweis auf das vorangegangene Prozesskostenhilfeverfahren als unzulässig.
Mit seiner Beschwerde verweist der Antragsteller in Bezug auf die Antragsgegnerin zu 2. auf seine Begründung in den Verfahren 4 W 84/20 und 4 W 655/20. In Bezug auf den Antragsgegner zu 1. verteidigt er seine Auffassung, dieser habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, weil er seine Beratungspflichten verletzt habe.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 Abs. 1 Ziffer 1. i.V.m. § 127 Abs. 3 ZPO statthaft, fristgerecht eingelegt und damit zulässig.
1. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
Hinsichtlich der Verwerfung des Prozesskostenhilfegesuches als unzulässig im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 2. ist auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss, dort auf S. 2 unter Ziffer 1. zu verweisen. Abermals hat der Antragsteller unter Wiederholung der gleichen Argumente sein Gesuch auf den identischen Lebenssachverhalt wie bereits in den Verfahren zuvor gestützt. Zur Meidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 08.09.2020 - 4 W 655/20 - verwiesen.
2. Hinsichtlich des Antragsgegners zu 1. ist die nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht nicht gegeben.
a) Zwar kann nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Vergleichs- und Abfindungserklärung vom 22.08.2018 nach dem übereinstimmenden Parteiwillen auch sämtliche Ansprüche gegen den Antragsgegner zu 1. abfinden sollte. Ob ein Vergleich eine Gesamtwirkung haben soll, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Im Zweifel kommt allerdings einem Vergleich mit einem Gesamtschuldner grundsätzlich keine Gesamtwirkung zu (BGH, Urteil vom 22.12.2011 - VII ZR 7/11, juris Rz. 21; Urteil vom 21.03.2000, IX ZR 33/19, und vom 13.10.2004 - I ZR 249/01). Nur dann, wenn die Auslegung ergibt, dass beide Parteien eine Gesamtwirkung gewollt haben, wäre vorliegend von einer entsprechenden Reichweite der Abfindungsvereinbarung und einem Ausschluss der Haftung des Antragsgegners zu 1. auszugehen. Ein solches lässt sich allerdings nicht feststellen. Dem Landgericht ist Recht zu geben, dass ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Antragsgegnerin zu 2. ein Interesse an der Gesamtwirkung hat, zumal s...