Leitsatz (amtlich)
Die Unterscheidungskraft einer an eine Internetdomain angelehnten Firma gem. § 18 Abs. 1 HGB kann sich aus dem Zusammenhang einer für sich gesehenen nicht unterscheidungskräftigen Second-Level-Domain und der dazu gehörenden Top-Level-Domain ergeben.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 22.07.2010; Aktenzeichen 4 HKT 145/09) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin werden der Beschluss des LG Leipzig vom 22.7.2010 - Az.: 4 HKT 145/09 - und die Zwischenverfügung des AG - Registergericht Leipzig - vom 8.1.2009 - Az.: 41 AR 212/08 - aufgehoben. Das Registergericht wird angewiesen, über die Anmeldung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin betreibt einen Online-Handel für Damenmode und begehrt ihre Eintragung im Handelsregister unter der Firma f, hilfsweise unter f. Sie ist Inhaberin der Internetdomain f.
Das AG hat nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer Leipzig mit Zwischenverfügung vom 8.1.2009 darauf hingewiesen, dass die Eintragung nicht vorgenommen werden könne, weil die Firmierung in beiden Varianten unzulässig sei.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das LG durch Beschluss vom 22.7.2010 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrem als sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel. Sie macht nur noch geltend, die mit dem Hinweis auf die Internetdomain verbundene Firmenbezeichnung sei zulässig, insbesondere sei eine hinreichende Unterscheidungskraft i.S.d. § 18 Abs. 1 HGB gegeben, weil der Domainname einmalig sei und daher einen Rückschluss auf ihr Unternehmen zulasse.
II. Die weitere Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts.
1. Auf das Verfahren finden gem. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG die bis zum 31.8.2009 geltenden Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist daher als weitere Beschwerde gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG statthaft und als solche zulässig.
2. Die weitere Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts.
a) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Weder die ursprünglich angemeldete Firmierung noch die um den Zusatzpunkt ". eu" ergänzte Variante genügten den Anforderungen. Allerdings sei die Bezeichnung "germany" für sich betrachtet nicht irreführend. Der Begriff "f "sei allein beschreibender Natur, so dass es zusätzlicher individualisierender Bezeichnungen bedürfe. Die Ergänzung um die Top-Level-Domain. eu sei hierfür nicht geeignet. Dieser Zusatz könne zur Individualisierung nichts beitragen, zumal es bei der Vergabe von Internetdomains auf die Unterscheidungskraft nicht ankomme.
3. Diese Erwägungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
a) Zu Recht ist das LG allerdings davon ausgegangen, dass die Aufnahme des Begriffs "germany" in der hier vorliegenden Form der Verwendung nicht zu beanstanden ist. Die Ortsangabe stellt sich für die im Onlinehandel angesprochenen Verkehrskreise lediglich als Hinweis auf den Sitz der Gesellschaft dar, nicht aber als ein auf eine wettbewerbliche Spitzenstellung hinweisender attributiver Zusatz (zur Abgrenzung Senatsbeschluss vom 26.5.2010 - 13 W 342/10).
b) Ebenfalls zu Recht ist das Beschwerdegericht von der Unzulässigkeit der Firmierung f - ausgegangen. Die Verwendung der geografischen Bezeichnung ändert nichts daran, dass es einer solchen Firma an der nach § 18 Abs. 1 HGB erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt (vgl. auch BGH NJW-RR 1994, 1255). Dies greift die Antragstellerin im Verfahren der weiteren Beschwerde auch nicht an.
c) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Annahme des LG, auch der Firmierung f - fehle es an einer hinreichenden Unterscheidungskraft i.S.d. § 18 Abs. 1 HGB.
aa) Die Eintragung dieser Firma hat die Antragstellerin in zulässiger Weise beantragt. Aus der Begründung der Beschwerde vom 18.1.2009 wird hinreichend deutlich, dass die Antragstellerin ihre Eintragung unter dieser Firma wünscht, falls diese ohne den Zusatz ". eu" nicht zulässig sein sollte. Die Aufnahme einer solchen innerverfahrensmäßigen Bedingung ist nicht zu beanstanden (Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rz. 78).
bb) Nach den der Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen hat die Firma hinreichende Unterscheidungskraft i.S.d. § 18 Abs. 1 HGB.
(1) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine sog. Domainfirma unterscheidungskräftig in diesem Sinne ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird angenommen, der für die Beurteilung der Unterscheidungskraft maßgebliche Teil der Firmenbezeichnung könne sich ausschließlich aus der sog. Second-Level-Domain (zu diesem Begriff unter (2.1)) ergeben (LG Köln Rpfleger 2008, 425; Seifert, Rpfleger 2001, 395, 397; Ammon/Ries, in: Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 18 Rz. 17a). Demgegenüber wird auch ver...