Verfahrensgang
AG Leipzig (Aktenzeichen 333 F 1357/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leipzig vom 03.05.2021, Az. 333 F 1357/21, aufgehoben und der Antragstellerin für die Rechtsverfolgung ab Antragstellung Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr das Anwältinnenbüro ..., beigeordnet.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit beim Familiengericht am 27.04.2021 eingegangenem Antrag zur Übertragung des alleinigen Sorgerechts für zwei Kinder zugleich um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nachgesucht.
Die Antragstellerin hat in der Begründung darauf verwiesen, dass schon in der Vergangenheit ein Sorgerechtsverfahren und ein Umgangsverfahren geführt wurden. Die Beteiligten sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern der am ...2016 geborenen S. L. und der am ....2017 geborenen A. L.. Im Termin vom 01.12.2020 im vorhergehenden Sorgeverfahren habe der Vater ihr eine Vollmacht für alle Aufgaben der elterlichen Sorge erteilt. Das Verfahren sei daraufhin für erledigt erklärt worden. In der weiteren Folge nach dem 01.12.2020 habe der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin Drohungen ausgesprochen, die in einem Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz zu einem Kontakt- und Näherungsverbot gegen den Antragsgegner durch einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 22.12.2020, Az. 333 F 4027/20, geführt hätten. Aufgrund der Drohungen und der Auswirkungen dieser Drohung auf die Antragstellerin werde erneut ein Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift (Bl. 1 bis 35 dA) verwiesen.
Das Familiengericht hat - ohne Anhörung des Antragsgegners - mit Beschluss vom 30.04.2021 die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt, da die Rechtsverfolgung mutwillig erscheine und keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Vollmacht sei nicht widerrufen, so dass das Bedürfnis für eine Übertragung des Sorgerechts entfalle.
Die Antragstellerin, der der Beschluss am 05.05.2021 zugestellt wurde, wendet sich mit ihrer am 12.05.2021 beim Familiengericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung. Sie hat vertiefend begründet, wie der Antragsgegner sich nach Beendigung des früheren Verfahrens verhalten habe. Er habe nach Erteilung der Sorgerechtsvollmacht weiterhin deutlich gemacht, dass er das Wohl der Kinder bei der Mutter für gefährdet erachte und die Kinder unverzüglich aus dem Haushalt der Kindesmutter herauszuholen seien. Dies zeige, dass er von der Vollmachtserteilung Abstand nehme. Auf die Ausführungen in der Beschwerdebegründung wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 38 bis 50 des VKH-Heftes).
Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 17.05.2021 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt.
Das Beschwerdegericht hat dem Vater die Gelegenheit eingeräumt, zu den Begehren der Antragstellerin Stellung zu nehmen. Der Antragsgegner hat sich innerhalb der eingeräumten Frist nicht geäußert.
II. 1. Die gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin ist nicht als mutwillig oder nicht als hinreichend erfolgreich zu bewerten. Der Rechtsverfolgung fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
1.1. Dem Familiengericht ist darin zuzustimmen, dass die Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht geeignet ist, die Übertragung einer Alleinsorge gemäß § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB entbehrlich zu machen. Zutreffend zitiert das Familiengericht insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 29.04.2020, Az. XII ZB 112/19, FamRZ 2020, 1171), die im Hinblick auf eine Sorgerechtsvollmacht Klarheiten geschaffen hat.
1.2. Nach dem vorliegenden Sachverhalt hat sich jedoch zeitlich nach der Erteilung der Sorgerechtsvollmacht nach - bisher nicht bestrittenen Vortrag - ergeben, dass sich der Antragsgegner sichtlich an die der Antragstellerin erteilte Sorgerechtsvollmacht nicht mehr gebunden fühlt. Nach dem Termin in der vormaligen Sorgerechtssache hat der Antragsgegner im Zuge des Umgangsverfahrens dem eingesetzten Umgangspfleger eine Mitteilung gesandt, nach der er verlangt hat, dass die Kinder innerhalb der nächsten 10 Tage aus dem Haushalt der Mutter herauskommen. Wenn dies nicht der Fall sei, werde er sein altes Leben in die Hand nehmen, sich eine Knarre kaufen und werde die Frau hinrichten. Irgendjemand müsse der Kindesmisshandlung nachgehen. Diese und weitere Äußerungen und Angriffe gegen die Erziehungsfähigkeit der Mutter zeigen einen konkludenten Widerruf der Vollmacht. Wer dem anderen Elternteil kindeswohlgefährdendes Verhalten vorwirft, kann nicht mehr den Willen haben, dass dieser "unfähige" Elternteil sich mit Befugnis zu alleinigem Handeln weiter um die Kinder kümmert. Der Vollmachtnehmer kann dann auch nicht mehr davon ausgehen, dass der Vollmachtgeber weiter mit seinem Handeln auch in i...