Leitsatz (amtlich)

1. Eine auf der Grundlage der Umwandlungsbilanz nach einem Beschluss der Mitgliederversammlung abgeschlossene Abfindungsvereinbarung zwischen einem Nachfolgeunternehmen einer ehemaligen LPG und dem im Zuge der Umwandlung ausgeschiedenen Mitglied verstößt dann gegen die guten Sitten und ist nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn die bilanzierten Rückstellungen das ausgewiesene Eigenkapital wesentlich übersteigen, den Rückstellungen jedoch weder ungewisse Verbindlichkeiten noch eine im Umwandlungszeitpunkt begründete Aufwandserwartung zugrunde lag, sondern die Rückstellungen im Wesentlichen der Finanzierung künftiger betrieblicher Ausgaben durch verdeckte Bildung einer Rücklage gedient haben.

2. Auch ehemalige LPGn hatten bei den nach dem 1.7.1990 erstellten Abschlüssen die Vorschriften des HGB (§§ 249 ff.) über die Aufstellung von Jahresabschlüssen, die Ansätze in der Bilanz und die Bewertung der Wirtschaftsgüter einzuhalten.

3. Rückstellungen für einen innerbetrieblichen Aufwand nach § 249 Abs. 2 HGB setzen voraus, dass der ausgewiesene Aufwand abgrenzbar und nachprüfbar ist. Hierzu bedarf es grundsätzlich einer Bezeichnung des betroffenen Wirtschaftsguts sowie von Art, Umfang und voraussichtlichen Zeitpunkten der den Aufwand verursachenden Maßnahmen.

4. Bei Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 S. 1 1. Fall HGB, die in der Bilanz unter den Posten sonstige Rückstellungen nicht gesondert ausgewiesen worden sind, sind im Anhang zur Bilanz zumindest Angaben zum Zweck und zum Inhalt des Rückstellungspostens zu machen.

5. Verstöße gegen die vorgenannten Bestimmungen des HGB zur Bildung und Auflösung von Rückstellungen schließen in einem Rechtsstreit über Abfindungsansprüche nach § 44 LwAnpG ihre Berücksichtigung zwar nicht grundsätzlich aus, weil es insoweit auf den wahren Wert des abfindungsrelevanten Eigenkapitals im Zeitpunkt des nach § 44 Abs. 6 S. 1 LwAnpG maßgeblichen Abschlusses ankommt. Insoweit wäre bei der Ermittlung des wahren Wertes auch eine Korrektur oder Ergänzung des Jahresabschlusses zu Gunsten des Unternehmens möglich. – Die vorstehenden Fehler begründen aber eine Vermutung dafür, dass die Grundlagen für die Bildung der Rückstellung nicht vorgelegen haben. Vermag das Unternehmen solche Verbindlichkeiten nicht zu benennen oder eine innerbetriebliche Aufwandserwartung zum Bilanzstichtag nicht darzustellen, sind solche Rückstellungen wie freie Rücklagen dem abfindungsrelevanten Eigenkapital zuzurechnen.

6. Bei den nach § 17 Abs. 1 DMBilG in der Eröffnungsbilanz gebildeten Rückstellungen für Aufwendungen zur Beseitigung ökologischer Altlasten ist wegen der am 1.7.1990 bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf künftige gesetzliche Verpflichtungen ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung auch dann zu verneinen, wenn das Unternehmen privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verpflichtungen oder behördliche Anordnungen zur Beseitigung der Altlast nach § 17 Abs. 2a S. 1 DMBilG nicht zu benennen vermag.

7. Wird der in einer solchen Rückstellung nach § 17 DMBilG ausgewiesene Betrag in den Folgejahren nicht bestimmungsgemäß verbraucht, sondern wird die Rückstellung unter Ausweisung eines außerordentlichen Ertrages aufgelöst, so ist die in der Eröffnungsbilanz gebildete Rückstellung wie eine freie Rücklage zu behandeln und dem abfindungsrelevanten Eigenkapital zuzurechnen.

 

Verfahrensgang

AG Oschatz (Beschluss vom 06.07.2000; Aktenzeichen XV 0007/00)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 05.11.2004; Aktenzeichen BLw 14/04)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Oschatz vom 6.7.2000 (AG Oschatz, Beschl. v. 6.7.2000 – XV 0007/00) in der Hauptsache und im Kostenpunkt wie folgt abgeändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 9.880,32 Euro (= 19.324,24 DM) nebst 4 % Zinsen aus diesem Betrag seit dem 7.3.2000 zu zahlen.

Der weiter gehende Zahlungsantrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller hat 1/3 und die Antragsgegnerin hat 2/3 der in erster Instanz entstandenen Gerichtskosten zu tragen. Eine Erstattung der in 1. Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.

2. Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – mit Ausnahme der durch die Beauftragung und Anhörung der Sachverständigen entstandenen Kosten – hat zu 9/28 der Antragsteller und zu 19/28 die Antragsgegnerin zu tragen. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gutachterkosten hat die Antragsgegnerin zu tragen. Der Antragsteller hat 9/28 und die Antragsgegnerin 19/28 der der Gegenseite im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde an den BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der am 10.12.1994 verstorbene Vater des Antragstellers trat 1960 in eine LPG ein. Anlässlich des Übergangs in die LPG Typ III „L.” in Großwig wurde mit Datum vom 1.7.1967 ein Übernahmeprotokoll aufgenommen (Bl. 16 d.A.). Danach brachte der Vater des Antragstellers 8,73 ha landwirtschaftliche Fläche und einen ...

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