Leitsatz (amtlich)
1. Eine wirksame Belehrung über ein Rücktrittsrecht von einem Lebensversicherungsvertrag setzt keine drucktechnische Hervorhebung voraus, ausreichend ist, dass sie von einem aufmerksamen Durchschnittskunden zur Kenntnis genommen werden kann.
2. Ist die Belehrung in Fettdruck gehalten, kann dies auch dann der Fall sein, wenn sie mit weiteren Informationen zu einem Fließtextblock verknüpft ist, der sich unmittelbar oberhalb des Unterschriftsfeldes befindet.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 336/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.02.2021 wird aufgehoben.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe von gezogenen Nutzungen gemäß §§ 812 ff. BGB i.V.m. § 8 Abs. 4 VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung zu. Die in dem Antragsformular vom 25.10.2003 enthaltene Rücktrittsbelehrung (vgl. Anlagen KGR 2 bzw. BLD 1, jeweils S. 3) ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. ist ein Versicherungsnehmer über sein Rücktrittsrecht schriftlich zu belehren. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Rücktrittsbelehrung wird die Rücktrittsfrist nicht in Lauf gesetzt (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018, IV ZR 106/17, Rn. 11). Eine den Anforderungen dieser Vorschrift entsprechende ordnungsgemäße Belehrung liegt hier vor.
1. Eine drucktechnische Hervorhebung - wie sie § 5a VVG vorsieht - kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht verlangt werden. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung für die drucktechnische Hervorhebung einer Belehrung nach § 5a VVG a.F. entwickelt hat, können nicht auf § 8 VVG übertragen werden, denn der Wortlaut dieser Vorschrift setzt eine drucktechnische Hervorhebung nicht voraus (vgl. Senat, Beschluss vom 30. April 2018 - 4 U 430/18 -, Rn. 12, juris. Aus diesem Grund kann auch die vom Kläger zitierte, überwiegend zu den Formerfordernissen des § 5 a VVG a.F. ergangene Rechtsprechung nicht zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts nicht ohne weiteres herangezogen werden.
2. Der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2017, IV ZR 173/15, Rn. 18; Urteil vom 16.10.2013 - IV ZR 52/12; Urteil vom 17.12.2014 - IV ZR 260/11 - juris) hat für § 8 VVG a.F. angenommen, dass die Belehrung zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht des Verbrauchers eindeutig sein muss. Dies erfordert eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (so BGH, a.a.O.). Auch wenn die Belehrung demnach nicht drucktechnisch hervorgehoben werden muss, darf sie aber nicht an versteckter Stelle unauffällig untergebracht worden sein (Claussen, JR 1991,360 ff., 363) oder in anderen Erklärungen und Hinweisen untergehen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2017, IV ZR 173/15, Rn. 18). Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass sie zur Kenntnis genommen wird (BGH, Urteil vom 25. Januar 2017, IV ZR 173/15, Rn. 18). Eine Anordnung inmitten eines Textblockes, der noch weitere Informationen enthält (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014, IV ZR 260/11, Rn. 17), oder in einem langen Fließtext zwischen anderen Erklärungen kann den Belehrungszweck nicht erfüllen (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.06.2014, 14 U 109/13, Rn. 70). Es ist aber auch nicht geboten, dass der Versicherungsnehmer auf die Belehrung gestoßen wird, selbst wenn er nicht nach ihr sucht (siehe etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 26. Juli 1994, 3 U 1018/94, VersR 1994, 1093 - 1094). Die Gestaltung der Belehrung muss vielmehr gewährleisten, dass sie von einem Durchschnittskunden, der dem Vertragsabschluss nicht ganz uninteressiert und gleichgültig gegenüberstand, zur Kenntnis genommen werden kann (OLG Stuttgart, Urteil vom 17. Dezember 1993, 2 U 179/93, Rn. 111; vgl. hierzu auch Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 07. August 2020 - 4 U 1075/19 -, Rn. 57 - 74, juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die vorliegende Rücktrittsbelehrung - noch - ausreichend hervorgehoben. Sie befindet sich in dem Antragsformular auf der letzten Seite in der Unterschriftsrubrik, einem gesonderten, durch fettgedruckte Querstriche abgegrenzten Textblock. Dieser Textblock ist in zwei ...