Leitsatz (amtlich)
Die Gestaltung einer Belehrung über das Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers einer Lebensversicherung erforderte nach dem bis zum 7.12.2004 geltenden Rechtszustand keine drucktechnische Hervorhebung; ausreichend war sie vielmehr, wenn sie gewährleitstete, dass sie von einem Durchschnittsnutzer, der dem Vertragsabschluss nicht gänzlich uninteressiert gegenübersteht, zur Kenntnis genommen werden konnte.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 2924/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die auf Rückzahlung von Versicherungsleistungen gerichtete Klage abgewiesen.
Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe von gezogenen Nutzungen gemäß §§ 812 ff. BGB i.V.m. § 8 Abs. 4 VVG in der bis zum 07.12.2004 geltenden Fassung zu. Die in dem Antragsformular vom 24.05.2000 enthaltene Rücktrittsbelehrung (vgl. Anlagen K1D 1, S. 12) ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a. F. ist ein Versicherungsnehmer über sein Rücktrittsrecht schriftlich zu belehren. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Rücktrittsbelehrung wird die Rücktrittsfrist nicht in Lauf gesetzt (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018, IV ZR 106/17, Rn. 11). Eine den Anforderungen dieser Vorschrift entsprechende ordnungsgemäße Belehrung liegt hier vor.
Der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2017, IV ZR 173/15, Rn. 18; Urteil vom 16.10.2013 - IV ZR 52/12; Urteil vom 17.12.2014 - IV ZR 260/11 - juris) hat für § 8 VVG a.F. angenommen, dass die Belehrung zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht des Verbrauchers eindeutig sein muss. Dies erfordert eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (so BGH, a.a.O.). Auch wenn die Belehrung demnach nicht drucktechnisch hervorgehoben werden muss, darf sie nicht an versteckter Stelle unauffällig untergebracht worden sein (Claussen, JR 1991,360 ff., 363) oder in anderen Erklärungen und Hinweisen untergehen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2017, IV ZR 173/15, Rn. 18). Eine Anordnung inmitten eines Textblockes, der noch weitere Informationen enthält (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014, IV ZR 260/11, Rn. 17), oder in einem langen Fließtext zwischen anderen Erklärungen kann den Belehrungszweck nicht erfüllen (OLG Frankfurt, Urteil vom 10. Juni 2014, 14 U 109/13, Rn. 70). Es ist aber auch nicht geboten, dass der Versicherungsnehmer auf die Belehrung gestoßen wird, selbst wenn er nicht nach ihr sucht (siehe etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 26. Juli 1994, 3 U 1018/94, VersR 1994, 1093 - 1094). Die Gestaltung der Belehrung muss vielmehr gewährleisten, dass sie von einem Durchschnittskunden, der dem Vertragsabschluss nicht ganz uninteressiert und gleichgültig gegenübersteht, zur Kenntnis genommen werden kann (OLG Stuttgart, Urteil vom 17. Dezember 1993, 2 U 179/93, Rn. 111; vgl. hierzu auch Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 07. August 2020 - 4 U 1075/19 -, Rn. 57 - 74, juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die vorliegende Rücktrittsbelehrung ausreichend hervorgehoben. Sie befindet sich in dem Antragsformular auf der letzten Seite in der Unterschriftsrubrik, und in einem gesonderten, durch fettgedruckte Querstriche abgegrenzten Textblock, der zudem noch mit der ausreichend klaren Überschrift "Wichtige Hinweise" versehen ist. Dieser Textblock ist von dem Kunden gesondert zu unterschreiben. Der Belehrungstext wird innerhalb dieses Textblocks nochmals von dem vorstehenden kurzen Text mit der Schlusserklärung deutlich markiert abgesetzt, so dass er durch den vorangehenden Absatz in seiner Hervorhebung nicht deutlich herabgesetzt wird. Durch diese Platzierung an exponierter Stelle verbunden mit der Hervorhebung ist einem durchschnittlich aufmerksamen Leser eine Kenntnisnahme bei der Unterschriftsleistung auch bei oberflächlicher Betrachtung ohne Weiteres möglich. Die Belehrung ist auch inhaltlich hinreichend zur Aufklärung geeignet, weil die Klägerin unmittelbar vor ihrer Unterschrift in einem knappen Text durch zwei kurze und einfach verständliche Sätze über ihr Rücktrittsrecht ...