Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung des Betreibers einer Motorcrossbahn und der unfallbeteiligten Sportler bei einem Zusammenstoß im Rahmen einer Übungsfahrt.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 22.12.2006; Aktenzeichen 9 O 3618/06) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Leipzig - Az.: 9 O 3618/06 - vom 22.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückverwiesen, soweit dieses in dem vorbezeichneten Beschluss es abgelehnt hat, dem Antragsteller für die Rechtsverfolgung im erstinstanzlichen Verfahren unter Berücksichtigung eines eigenen Mithaftungsanteils von 50 % auch ggü. dem Antragsgegner zu 1) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das weiter gehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller erhält Gelegenheit, die Darlegungen zur Schadenshöhe unter Berücksichtigung der dazu erteilten Hinweise in den Gründen dieses Beschlusses innerhalb von 3 Wochen ab dessen Zustellung ggü. dem LG zu ergänzen und insoweit die beabsichtigten Klageanträge anzupassen.
3. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsgegner zu 1), der bei der Antragsgegnerin zu 3) haftpflichtversichert ist, betreibt die Auto- und Motocrossbahn "A.Ö." in Z. bei T. Dort stießen am 18.6.2006 der Antragsteller und der Antragsgegner zu 2) während einer Übungsfahrt mit Motorrädern zusammen, wodurch der Antragsteller verletzt und das von ihm geführte Motorrad beschädigt wurde. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage mit den Anträgen,
1. die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens aber 12.000 EUR, nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.6.2006 zu zahlen;
2. die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn Schadensersatz i.H.v. 4.597,62 EUR und Verdienstausfall seit dem 1.8.2006 i.H.v. monatlich 256 EUR netto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2006 zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm allen weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Antragsgegner zu 2) am 18.6.2006 auf der Rennstrecke "A. Ö ..." in Z. zukünftig noch entstehen werde.
Das LG hat dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gegen den Antragsgegner zu 2) "im Umfang der hälftigen mit dem Klageentwurf vom 11.10.2006 verfolgten Ansprüche" bewilligt. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe im Übrigen wendet sich der Antragsteller mit gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässiger sofortiger Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat. Der als Einzelrichter zuständige Berichterstatter hat das Verfahren gem. § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO wegen besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art dem Senat übertragen.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nur insoweit begründet, als das LG die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage ggü. dem Antragsgegner zu 1) vollständig verneint hat. Dessen Haftung dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines hälftigen Mithaftungsanteils des Antragstellers ist schlüssig dargetan und wird durch den Vortrag des Antragsgegners zu 2) auch nicht erfolgversprechend in Frage gestellt. Die Darlegungen des Antragstellers zur Schadenshöhe sind allerdings bislang unzureichend, so dass dem Senat eine abschließende Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch derzeit nicht möglich ist.
1. Der Antragsgegner zu 1) haftet dem Antragsteller wegen Verletzung einer - möglicherweise auch vertraglich begründeten - Verkehrssicherungspflicht eventuell gem. § 280 Abs. 1 BGB, jedenfalls aber gem. § 823 Abs. 1 BGB. In beiden Fällen muss sich der Antragsteller einen eigenen Haftungsanteil von wenigstens 50 % anrechnen lassen, weil ihn ein erhebliches Mitverschulden bei der Schadensentstehung trifft (§ 254 Abs. 1 BGB).
a) Das bestrittene Vorbringen des Antragsgegners zur Befugnis der Sportlergruppe, die Motocrossbahn zu nutzen, ist entgegen der Auffassung des LG schlüssig. Hingegen schließt der dazu gehaltene Vortrag des Antragsgegners zu 1) dessen Haftung nicht notwendiger Weise aus.
Unstreitig war der Vorstandsvorsitzende des Antragsgegners zu 1) am 18.6.2006 gegen 11:00 Uhr durch T. J., der den Antragsteller zu der Auto- und Motocrossbahn begleitet hatte, fernmündlich davon unterrichtet worden, dass sich eine Gruppe von Motocrosssportlern am Eingang der Bahn befand und diese für Übungsfahrten auf mitgeführten Motorrädern nutzen wollten. Wenn in dieser Situation der Vorstandsvorsitzende des Antragsgegners zu 1) - wie der Antragsteller behauptet - T. J. gefragt haben sollte, ob das Tor offen sei, und nach dessen bejahender Antwort erklärt haben sollte, "klar, dann könnt ihr schon drauf" und er werde gegen 12:00 Uhr auf dem Platz sein, um die Formalität...