Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichterhebung bzw. Rückerstattung von Betriebskosten

 

Verfahrensgang

AG Hohenstein-Ernstthal (Aktenzeichen 1 C 663/01)

LG Chemnitz (Aktenzeichen 6 S 787/02)

 

Tenor

Es ergeht folgender Rechtsentscheid:

  1. Ist dem Vermieter von Wohnraum bekannt oder muss er davon ausgehen, dass die im Mietvertrag vereinbarte Vorauszahlung die später abzurechnenden Betriebskosten für das Mietobjekt deutlich unterschreitet, kann sich daraus ein Anspruch des Mieters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen gegen den Vermieter ergeben, wenn der Mieter darüber bei Abschluss des Mietvertrages nicht oder nicht ausreichend informiert worden ist.
  2. In diesen Fällen fehlt es jedoch im Regelfall an einem Schaden des Mieters, wenn die ordnungsgemäß abgerechneten Betriebskosten tatsächlich angefallen sind. Daher kann der Mieter die aufgrund einer solchen Abrechnung geltend gemachte Betriebskostennachforderungen des Vermieters grundsätzlich nicht verweigern.
  3. Eine Obergrenze für den Anspruch des Vermieters auf Nachforderung der durch Vorauszahlung nicht abgedeckten Betriebskosten besteht nicht.
 

Tatbestand

I.

Die Klägerin war aufgrund eines mit dem Beklagten geschlossenen Mietvertrages Mieterin einer Wohnung im Gebäude S. … in S.. Das ab dem 01.11.1998 auf unbestimmte Zeit begründete Mietverhältnis wurde durch Kündigung der Klägerin zum 31.01.2001 beendet.

Nach dem Mietvertrag vom 08.08./11.09.1998 betrug die Miete für die mit 77,96 qm angegebene Wohnfläche monatlich 779,60 DM; für eine Garage waren daneben monatlich 80,00 DM zu zahlen. Als Vorauszahlung für die nach dem Vertrag auf die Mieterin umgelegten Betriebskosten wurden monatlich 195,00 DM (das entspricht rund 2,50 DM/qm) vereinbart. Die Klägerin bezog die Räume zum 14.09.1998 und bewohnte sie bis zu ihrem Auszug gemeinsam mit ihren beiden Kindern und ihrem Lebensgefährten. Sie hat bis einschließlich Januar 2001 die vereinbarte Vorauszahlung auf die Betriebskosten an den Beklagten geleistet.

Der Beklagte rechnete unter dem 18.06.1999 über die Betriebskosten für den Zeitraum 14.09. bis 31.12.1998 ab. Danach ergab sich unter Anrechnung der geleisteten Vorauszahlung eine Nachzahlung von (1.415,87 DM abzgl. 390,00 DM =) 1.025,87 DM. Die Klägerin hat darauf in Raten insgesamt 343,76 DM an den Beklagten gezahlt. Für das Kalenderjahr 1999 wurde am 01.09.2000 abgerechnet. Der Nachzahlungsbetrag belief sich auf (4.448,59 DM abzgl. 2.340,00 DM =) 2.108,59 DM. Sowohl in der Abrechnung für 1998 als auch für 1999 wurde die Wohnfläche der von der Klägerin genutzten Räume mit 84,93 qm in Ansatz gebracht. Der Beklagte macht geltend, dies sei die tatsächliche Wohnfläche, wie sich aus den vorgelegten Plänen ergebe.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte bzw. die von ihm eingesetzte Hausverwaltung habe bei Abschluss des Mietvertrages davon Kenntnis gehabt, dass die vereinbarte Vorauszahlung nicht annähernd ausreichend gewesen sei. Insbesondere seien die Heizkosten schon bei den früheren Mietern der Wohnung sehr hoch ausgefallen, was auf eine mangelhafte Bauausführung des Gebäudes zurückzuführen sei. Sie sei daher von dem Beklagten über die Höhe der tatsächlich anfallenden Betriebskosten getäuscht worden. Sie habe aber die Wohnung nur wegen der günstigen Miete und der niedrigen Betriebskosten gemietet und sei davon ausgegangen, dass die Nebenkosten durch die Vorauszahlung in etwa ausgeglichen würden. Bei wahrheitsgemäßer Information über die tatsächlich anfallenden Betriebskosten hätte sie den Mietvertrag nicht geschlossen. Der ihr entstandene Schaden bestehe in der Belastung mit den für die Jahre 1998 und 1999 bereits angefallenen und für die künftigen Jahre noch zu erwartenden Nachzahlungen aus den jeweiligen Abrechnungen über die Betriebskosten. Davon müsse der Beklagte sie freistellen.

Der Beklagte bestreitet dies und behauptet, die Vorauszahlung auf die Betriebskosten sei nach entsprechenden Erfahrungssätzen auf 2,50 DM/qm festgesetzt worden. Eine Täuschung der Klägerin habe nicht vorgelegen. Die angefallenen Betriebskosten seien wegen des von der Klägerin und ihren Angehörigen verursachten Verbrauchs an Energie (insbesondere Wasser und Heizung) so hoch ausgefallen.

Mit der beim Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass dem Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Betriebskosten für das Jahr 1998 von nicht mehr als 390,00 DM und ab dem Jahr 1999 von nicht mehr als 2.340,00 DM jährlich zustehe und die Rückzahlung des auf die Abrechnung für 1998 in Raten gezahlten Betrages von 373,76 DM nebst Zinsen gefordert. Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 06.09.2001 der Klage sowohl im Feststellungs- als auch im Zahlungsantrag in Bezug auf das Jahr 1998 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin hat gegen dieses Urteil beim Landgericht Chemnitz Berufung eingelegt und erstrebt auch für die Betriebskosten des Jahres 1999 sowie der Folgejahre eine Freistellung von einer möglichen Inanspruchnahme auf Nachzahlung. Der Beklagte hat ...

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