Leitsatz (amtlich)

1. Slogans und schlagwortartige Äußerungen enthalten regelmäßig keine eigenständige Tatsachenbehauptung (hier: Vorwurf der "Reichsbürgerei").

2. Wertneutrale Falschdarstellungen rechtfertigen keinen Unterlassungsanspruch.

3. Die beabsichtigte Mitteilung über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens begründet keine Verpflichtung, den Betroffenen vorab hierzu anzuhören.

 

Verfahrensgang

LG Görlitz (Aktenzeichen 6 O 155/22 EV)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Görlitz - Außenkammer Bautzen - vom 14.4.2022 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 15.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung einer Äußerung in ihrem Online-Portal "www...de" unter der Überschrift "Rechtsstreit um "Reichsbürgerei" geht weiter" in Anspruch.

Zwischen dem Antragsteller und Frau B... K... waren beim Landgericht Görlitz - Außenkammern Bautzen - unter den Az 5 O 682/20 und 5 O 34/21 zwei Rechtsstreitigkeiten anhängig. Im Verfahren 5 O 682/20 hatte die dortige Klägerin unter anderem geäußert, sie habe dem OB der Stadt ... "Belege für die Reichsbürgerei von D... ..." gezeigt. Eine hiergegen gerichtete Widerklage des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben, das Urteil des Landgerichts ist rechtskräftig. Im Verfahren 5 O 34/21 haben die Parteien um Unterlassung der sich aus zwei Tweets ergebenden Äußerung der dortigen Klägerin gestritten, dass der Antragsteller zur Redaktion des Magazins ≪denkste≫ gehört. Die auf Unterlassung dieser Behauptung gerichtete Widerklage des Antragstellers in diesem Verfahren hatte vor dem Landgericht Erfolg. Gegen das Urteil des Landgerichts vom 10.12.2021 hat die dortige Klägerin Berufung eingelegt, die nach der streitgegenständlichen Berichterstattung auf Hinweis des Senats zurückgenommen wurde. Hierüber berichtetet die Antragsgegnerin mit dem streitgegenständlichen Artikel vom 16.3.2022.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Dass in dem streitgegegenständlichen Artikel nicht zwischen den Verfahren 5 O 682/20 und 5 O 34/21 unterschieden und nur von einem Verfahren ausgegangen werde, stelle zwar eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die den Antragsteller jedoch nicht erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtige. Beide Verfahren hätte die Tätigkeit des Antragstellers im öffentlichen Leben der Stadt Bautzen und seine Zugehörigkeit "zu den Urhebern des Magazins ≪denkste≫" betroffen; beide Verfahren hätten daher auch genauso gut miteinander verbunden werden können. Die weiteren in dem Artikel enthaltenen Behauptungen sowohl vor als auch hinter der Bezahlschranke gäben den Sachstand der Auseinandersetzung im Kern zutreffend wieder. Die Überschrift "Rechtsstreit um Reichsbürgerei geht weiter" stelle eine zusammenfassende Wertung der Auseinandersetzung zwischen den Parteien dieser Verfahren dar und sei als solche von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt. Auch hierdurch werde das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers nicht nachhaltig beeinträchtigt. Die weitere Behauptung, "eine ...in" habe den Antragsteller der "Reichsbürgerei" bezichtigt und vor Gericht in Teilen Recht bekommen sei wahr, der Gesamtzusammenhang werde hierdurch nicht verfälscht. Der Antragsteller könne demgegenüber nicht eine bestimmte Form der Berichterstattung verlangen, die das Ergebnis der beiden Verfahren in seinem Sinne darstelle. Dass in dem Artikel ausgeführt werde, "demzufolge durfte die ...in den Bauunternehmer der "Reichsbürgerei" bezichtigen, lasse nicht die Schlussfolgerung zu, dass sie dies auch in der Zukunft tun dürfe. Schließlich habe der Antragsteller auch keinen Anspruch, dass über den in dem Artikel erwähnten Tweet "Seine Zeitung, seine Reichsbürgerei" nur dann berichtet werden dürfte, wenn zugleich mitgeteilt werde, dass es dort um seine Zugehörigkeit zur Redaktion des Magazins ≪denkste≫ ging.

Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Anliegen unverändert weiter. Nachdem er sich bewusst dafür entschieden habe, das Verfahren 5 O 682/20, in dem es um den Vorwurf der "belegten Reichsbürgerei" gegangen sei, nicht weiterzuverfolgen, werde er durch den streitgegenständlichen Artikel, in dem der Eindruck erweckt werde, dieses abgeschlossene Verfahren werde weitergeführt, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Belege für die Behauptung der Klägerin in diesem Verfahren habe es aber nicht gegeben. Schon die Überschrift des streitgegenständlichen Artikels habe eine erhebliche negative Tragweite für ihn. Entgegen der Auffassung des Landgerichts mache es auch einen wesentlichen Unterschied, dass er in zwei Verfahren verklagt worden sei und in einem Verfahren vollständig obsiegt habe, was in dem Artikel jedoch "komplett unterschlagen" werde. Einen Zusammenhang zwischen beiden Verfahren gebe es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht. Die Berichterstattu...

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