Leitsatz (amtlich)
Eine Leistungskürzung auf Null wegen der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls kommt nur ausnahmsweise in Betracht; dass das Fahrzeug unverschlossen und mit Fahrzeugschlüssel im Zündschloss abgestellt wird, reicht hierfür jedenfalls dann nicht aus, wenn dies für Dritte auch aufgrund des Abstellorts nicht sofort zu erkennen ist.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1371/16) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagte erhält Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss mangels Begründetheit zurückzuweisen. Denn die Berufung bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage (lediglich) in dem mit dem angefochtenen Urteil tenorierten Umfang stattgegeben.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese nicht berechtigt, ihre Leistung gemäß § 81 Abs. 2 VVG auf Null zu kürzen.
Insoweit hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend auf die Entscheidung des BGH vom 22.06.2011 (Az.: IV ZR 225/10 - juris) verwiesen, wonach eine Leistungskürzung des Versicherers auf Null nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt, und dabei im vorliegenden Fall einen solchen Ausnahmefall verneint. Diesbezüglich hat das Landgericht alle maßgeblichen Umstände in die Abwägung einbezogen. Insbesondere hat es auf der einen Seite darauf abgestellt, dass der Kläger keine hinreichenden Vorkehrungen gegen die Entwendung des Fahrzeuges getroffen hat, indem er dieses unverschlossen und mit steckendem Fahrzeugschlüssel abgestellt hat. Andererseits hat es jedoch zu Recht berücksichtigt, dass der Kläger das Fahrzeug nicht auf der Straße, sondern neben dem Waschsalon, den er lediglich für einige (maximal 10) Minuten besucht hat, in einer Einfahrt abgestellt hat und bei dem Fahrzeug alle Türen und Fenster geschlossen waren, mithin für einen Dritten nicht sofort zu erkennen war, dass das Fahrzeug - insbesondere aufgrund des steckenden Fahrzeugschlüssels - leicht zu entwenden war.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände, die die Beklagte in der Berufungsbegründung im Wesentlichen lediglich anders gewichtet, ist das Landgericht beanstandungsfrei zu dem Ergebnis einer Kürzung um 75 % gelangt. Daran ändert auch nichts der von der Beklagten angeführte Gesichtspunkt, dass das Fahrzeug durch den Kläger außerhalb seines eigenen Wahrnehmungsbereiches abgestellt worden ist. Denn maßgeblich ist, dass aufgrund des Abstellortes in der Einfahrt - anders als auf der Straße - nicht damit zu rechnen war, dass in der Zeit zahlreiche Fußgänger an dem Fahrzeug - insbesondere auf Höhe des steckenden Fahrzeugschlüssels - vorbeilaufen und durch einen beiläufigen Blick diesen im Schloss wahrnehmen, was die Wahrscheinlichkeit einer Entwendung des Fahrzeuges deutlich erhöht hätte.
2. Der streitgegenständliche Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt.
Ausweislich der Akten hat der Kläger am 30. Dezember 2015, mithin vor Ablauf der Verjährungsfrist Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt, welcher der Beklagten am 13. Januar 2016 zugestellt worden ist. Mit der Zustellung des Mahnbescheides wurde - rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eingangs des Mahnbescheidsantrages bei Gericht (§ 167 ZPO) - die Verjährung des Anspruchs aus dem Jahr 2012 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt.
Ein Ende der Hemmung ist in der Folge nicht eingetreten (§ 204 Abs. 2 BGB). Zwar endet eine durch Verfahrenseinleitung erfolgte Hemmung sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Beendigung des eingeleiteten Verfahrens bzw. - wenn das Verfahren dadurch zum Stillstand kommt, dass die Parteien es nicht betreiben - mit der letzten Verfahrenshandlung der Parteien bzw. des Gerichts oder sonst einer mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt aber neu, wenn eine der Parteien das Verfahren betreibt (vgl. nur OLG Stuttgart, Beschluss vom 01. Februar 2017, Az. 9 U 93/16 - juris; Palandt, BGB, 78. Aufl., § 204 Rz. 36, 49 f.). Danach war der Eintritt der Verjährung unter Berücksichtigung der Frist von sechs Monaten vorliegend gehemmt. Denn unter dem 30. Juni 2016 hat das Amtsgericht Aschersleben die Mahnsache an das Landgericht Dresden abgegeben, nachdem der Antragsteller die Abgabe des Verfahrens beantragt hat. Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2016, am selben Tag beim Landgericht eingegangen, hat der Pr...